Am 8. November steht die 58. Wahl des neuen US-Präsidenten an. Dieses Ereignis hat auch große Auswirkungen auf die Wall Street und auf das Frankfurter Parkett, wo schon jetzt viele Investoren über den Ausgang spekulieren. Der Rademacher-Kommentar
Politische Börsen habe kurze Beine, lautet eine alte Börsenweisheit. Für Landtagswahlen in Deutschland ist diese Regel auch weitgehend zutreffend. Mitnichten ist dies aber auch bei den US-Präsidentschaftswahlen der Fall. In der Regel entwickeln sich die Börsen langfristig deutlich besser, wenn eine bestimmte Partei gewinnt.
Demokraten schaffen mehr Werte
Führte ein Republikaner die Amtsgeschäfte im Weißen Haus, stieg die Wall Street während einer Legislaturperiode im Schnitt um 15 Prozent. Dies haben Statistiken seit dem Jahr 1928 ergeben. War hingegen ein Demokrat im Amt, zogen diese Kurse durchschnittlich sogar um 47 Prozent an.
Ein solch großer Performanceunterschied kann trotz einiger besonderer Ereignisse kaum Zufall sein. Zwar gelten die Republikaner bei vielen Anlegern auf den ersten Blick als wirtschaftsfreundlich. Allerdings gab es während ihrer Amtszeit auch nicht selten massive militärische Konflikte. Während der Aktienmarkt beispielsweise während der Amtszeit von Bill Clinton boomte und 209 Prozent zulegte, fiel er unter George W. Bush um immerhin 40 Prozent. Auch unter dem Republikaner Nixon kam es zu einem Kursverlust von 20 Prozent.
Die französische Großbank BNP hat festgestellt, dass die Demokraten häufiger Konflikte friedlich lösen konnten. Neben wirtschaftlichen Aspekten wurden auch gesellschaftspolitische Punkte beachtet. Dies hat vielen Investoren langfristig Zuversicht gegeben.
Clinton bietet mehr Stabilität
Ob sich diese Grundregel in der kommenden Legislaturperiode fortsetzt, bleibt natürlich abzuwarten. Allerdings ist das Gefahrenpotenzial für den Dow Jones unter einem möglichen Präsidenten Trump weitaus größer. Dies haben seine vielen politischen Reden offenbart. Dagegen könnte Clinton, die bereits über eine umfangreiche politische Erfahrung verfügt, vermutlich mit vielen Krisensituationen weitaus besser umgehen.
Natürlich würden auch unter Clinton einige Branchen leiden. Insbesondere in der Biotechbranche gibt es hier eine gewisse Unsicherheit, da die Medikamentenpreise fallen könnten. Die Entwicklung des breiten Gesamtmarktes beeinflusst dies aber nur unwesentlich. Auch der Dax in Frankfurt würde von Clinton profitieren, da dieser nicht selten die Kursbewegungen der Wall Street nachvollzieht.
Bislang ist der Ausgang der Wahl kaum einzuschätzen. Allerdings sollten Anleger, die langfristig amerikanische oder auch deutsche Investmentfonds halten, die aktuellen Nachrichten recht genau verfolgen. Je größer die Chancen für Hillary Clinton, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Wall Street auch in den kommenden vier Jahren gut entwickeln wird.
Tim Rademacher ist leitender Redakteur im Bereich Investmentfonds bei Cash. und analysiert die Geschehnisse am Kapitalmarkt direkt vom Finanzplatz Frankfurt aus.
Foto: Dirk Beichert