Eine stabile europäische Währungsunion wird nie existieren. Darüber sind sich die Europa-Experten einig, die beim zweiten Feri Science-Talk über die Zukunft und Schwierigkeiten des Euro diskutiert haben. Keiner der Lösungsvorschläge scheint gut genug, um die wachsenden Probleme zu lösen.
Beim zweiten Feri Science Talk diskutierten Europa-Extern über die Fragen, ob der Euro Europa spalten wird und ob die die Währungsunion in Zeiten des Brexit, von Strukturproblemen und zunehmendem Populismus überhaupt noch eine Zukunft hat.
„Eine wirklich stabile Währungsunion bleibt wohl ein Traum“, sagt Dr. Heinz-Werner Rapp, Leiter des Feri Cognitive Finance Institute. Die Idee eines vereinten Wirtschaftsraums mit einem stabilen Euro stehe aktuell wie nie zuvor auf der Kippe – auch aufgrund der Vorstöße von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
Kein Plan für die Zukunft der Währungsunion
Zwar präsentiere die EU-Kommission immer wieder neue Reformideen, diese seien jedoch realitätsfern oder schlicht weltfremd. „Einen wirklich guten Plan für die Zukunft der Währungsunion gibt es nicht“, so Rapp. Besonders bedrohlich sei das Problem der sogenannten Target-Salden. Diese seien – auch durch die Politik der EZB -erneut stark angestiegen.
Aus Sicht der stabilen Euro-Länder, darunter Deutschland, würden sie künftig enormes politisches Erpressungspotenzial bieten. Ob es Politikern gelingt, die Währungsunion zu stabilisieren, sei mehr als fraglich. Realistische Szenarien seien deshalb eine fragile Transferunion, eine Spaltung mit möglichen Austritten einzelner Länder oder auch der komplette Zerfall der Währungsunion.
„Euro ist wirtschaftlicher Unsinn“
„Der größte Fehler in Europa war die Einführung des Euro“, sagt Felix W. Zulauf, renommierter Schweizer Anlagestratege und Vermögensverwalter. „Man hat Europa damit etwas aufgezwungen, das angesichts der unterschiedlichen strukturellen Ausgangslagen in den Ländern wirtschaftlicher Unsinn ist“. In dieser Form sei die Einheitswährung Wegbereiter für Zentralismus und damit letztlich Sozialismus.
Eine geordnete Auflösung der Währungsunion hält Prof. Dr. Hans Peter Grüner von der Universität Mannheim und Fellow des Center for Economic Policy research in London für undenkbar. „Wir befinden uns in einer Ehe mit erheblichen Ausstiegskosten. Deshalb müssen wir alles daran setzen, um die europäische Währungsunion zukunftsfähig zu machen“.
Vor allem im Hinblick auf die südeuropäischen Mitgliedsstaaten und die Forderungen Frankreichs sei es notwendig, flexibel zu sein. „Eigentlich ist Europas Wirtschaft über den Berg. Aber die politische Stimmung hinkt der positiven ökonomischen Entwicklung hinterher“, so Grüner.
Währungsfonds könnte EZB entlasten
Dass ein Europäischer Währungsfonds zur Unterstützung der Reformen und zur Lösung der Schuldenproblematik beitragen könnte, hält Prof. Dr. Michael Wohlgemuth von der Universität Witten/Herdecke für möglich.
„Allerdings kommt es auf seine Kompetenzen und die Ausstattung an“, sagt Wohlgemuth. Die EZB werde durch einen solchen Währungsfonds entlastet, offen bleibe jedoch die Entscheidungsfindung und die Finanzierung – zumal gerade Deutschland in einem solchen Fonds eine wichtige Rolle als Geldgeber spielen würde.
Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass im Zuge der Diskussionen um die Zukunft Europas nicht nur die südeuropäischen Staaten und Frankreichs Präsident Macron den Ton angeben dürften. „Sonst wird Deutschland zum Zahlmeister der Union“, so der Schweizer Investor Felix Zulauf. (kl)
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