Wie wahrscheinlich ist die Erweiterung des Euroraumes?

Mit der Bankenunion wurde nun die Zuständigkeit für die Regulierung, Aufsicht und letztlich auch Abwicklung im Insolvenzfall vergemeinschaftet. Über den ESM können unter Auflagen im Krisenfall Kredite an Mitgliedsländer vergeben werden, womit ihre Zahlungsfähigkeit gewährleistet werden kann.

Damit ist eine Wiederholung der Eurokrise unwahrscheinlicher geworden, und es sind einige Gründe für die geringe Zahl von Beitritten zum Euroraum in den vergangenen Jahren entfallen.

Kriterium der Preisstabilität fraglich

Auch auf Seiten der Beitrittskandidaten hat sich laut dem DIW einiges getan, zumindest wenn man die formalen Kriterien (Konvergenz- oder Maastrichtkriterien) zugrunde legt. Probleme gebe es jedoch beim Kriterium der Preisstabilität, das besagt, dass die Inflationsrate im Beitrittsland nicht um mehr als 1,5 Prozentpunkte über dem Durchschnitt der drei EU-Länder mit den niedrigsten Inflationsraten liegen darf.

Aktuell wird es nach Ergebnissen des DIW von den meisten Kandidatenländern gerissen, aber nur, weil die drei Referenzländer Spanien, Slowenien und Bulgarien (welches selbst ein Beitrittskandidat ist) aufgrund von Krisennachwirkungen in einer Phase der Deflation stecken und das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von knapp unter zwei Prozent mit 0,7 Prozent deutlich unterschreiten.

Die Verfehlung sei also eher ein Problem dieser Staaten mit der niedrigsten Inflationsrate als das der Beitrittsländer. Angesichts der Deflationsrisiken im Gefolge der Eurokrise ist die Formulierung dieses Kriteriums nach Ansicht des DIW zudem reformbedürftig.

Zwar stellt es sicher, dass die Preise innerhalb des Währungsraumes nicht zu stark divergieren und damit eine einheitliche Geldpolitik, die an der durchschnittlichen Preisentwicklung orientiert ist, sinnvoll ist. Gleichzeitig wirke es aber Deflationsgefahren nicht in gleichem Maße entgegen, wie es etwa eine Orientierung an dem Preisstabilitätsziel der Europäischen Zentralbank täte.

Sinkende Defizite

Von allen Kandidaten erfüllt werde das Konvergenzkriterium der langfristigen Zinsen, welche nur maximal zwei Prozentpunkte über dem Durchschnitt der langfristigen Zinsen in den drei eben genannten Ländern liegen dürfen. Im letzten Konvergenzbericht lagen diese bei zwei Prozent. Maximal erlaubt waren demnach vier Prozent. Am höchsten seien die Zinsen mit Werten zwischen drei und vier Prozent in Kroatien, Ungarn, Polen und Rumänien.

Auch die Defizite der öffentlichen Haushalte relativ zum Bruttoinlandsprodukt, das wohl bekannteste Konvergenzkriterium, würden aktuell die drei Prozent nicht überschreiten. Lediglich die Neuverschuldung Rumäniens liege genau auf der Grenze. Alle anderen würden deutlich darunter liegen. Die Tschechische Republik und Schweden hätten im Jahr 2016 sogar Überschüsse beim Finanzierungssaldo aufgewiesen.

Ähnlich positiv sei es für die meisten Länder um die 60-Prozent-Grenze der öffentlichen Schulden relativ zum Bruttoinlandsprodukt bestellt. Diese Marke werde nur von Ungarn und Kroatien nicht eingehalten, von letzterem Kandidaten sogar mit knapp 90 Prozent recht deutlich.

Kriterium der öffentlichen Schulden erweiterungswürdig

Angesichts der negativen Erfahrungen mit Staatsschulden aus der Eurokrise dürfte diesem Kriterium ökonomisch besondere Bedeutung zukommen. In Italien, Portugal und Griechenland war es vor allem die Verschuldung in diesem Sektor, die als eine der Ursachen für die Kapitalmarktturbulenzen und wirtschaftlichen Miseren in den vergangenen Jahren gesehen wird.

Seite drei: Fazit: Wie wahrscheinlich ist die Erweiterung?

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