Nach mehreren Klagen gegen die Staatsanleihenkäufe der EZB informiert das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe den Europäischen Gerichtshof. Die Anleihekäufe überschreiten nach Ansicht der Kläger das Mandat der Zentralbank.
Das Bundesverfassungsgericht stellt den Anti-Krisen-Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frage. Die Richter schalten den Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein, nach mehreren Klagen gegen die milliardenschweren Staatsanleihenkäufe der EZB, wie in Karlsruhe mitgeteilt wurde.
Nach Auffassung des Senats sprechen gewichtige Gründe dafür, dass die dem Anleihekaufprogramm zugrundeliegenden Beschlüsse gegen das Verbot der Staatsfinanzierung durch die Notenbank verstoßen.
Sie gingen über das Mandat der EZB für die Währungspolitik hinaus und würden damit in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten eingreifen, teilte das Bundesverfassungsgericht mit. (Az. 2 BvR 859/15 u.a.)
EZB überschreitet Mandat
Zur Ankurbelung von Inflation und Konjunktur kauft die Notenbank seit März 2015 Staatsanleihen und andere Wertpapiere – derzeit für 60 Milliarden Euro monatlich. Das Geld soll die Zinsen drücken und die Kreditvergabe ankurbeln.
Nach Auffassung der Kläger überschreiten die Währungshüter damit ihr Mandat. Die Notenbank unter Präsident Mario Draghi betreibe eigenmächtig Wirtschaftspolitik. Das ist in Europa aber die Aufgabe der nationalen Finanzminister. Außerdem würden verbotenerweise Staatshaushalte finanziert.
Die Vorlage in Luxemburg bedeutet, dass die Verfassungsrichter diese Vorwürfe ernst nehmen. Weil es um EU-Recht geht, soll zunächst der EuGH urteilen. Auf dieser Grundlage entscheidet dann das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
EZB wertet Geldpolitik als Erfolg
Im äußersten Fall könnten die Richter die deutsche Beteiligung an den Staatsanleihenkäufen untersagen. Die Bundesbank ist größter Anteilseigner der EZB und kauft entsprechend viele Papiere. Das Gericht könnte Bundesregierung und Bundestag verpflichten, auf eine Anpassung oder Beendigung der Käufe hinzuwirken.
Vorerst soll das Programm, dessen Risiken auch die nationalen Notenbanken tragen, noch bis mindestens Ende 2017 laufen – insgesamt werden sich die Käufe dann auf 2,28 Billionen Euro summieren. Die EZB bewertet ihre Geldpolitik als Erfolg. Die Wirtschaft im Euroraum wächst inzwischen robust. Die Zeiten der Mini-Inflation sind vorerst vorbei.
Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass die EZB die gewaltigen Wertpapierkäufe 2018 schrittweise zurückfährt. Ob es bis dahin schon ein Urteil aus Karlsruhe gibt, ist zumindest fraglich. (dpa-AFX)
Foto: Gerichtshof der Europäischen Union