Die EZB belässt den Leitzins weiter bei null Prozent, hat aber angekündigt, das Volumen ihres Wertpapier-Kaufprogramms im kommenden Jahr zu halbieren. Was Asset Manager, Finanzierer und Verbände zu der heutigen EZB-Entscheidung.
Paul Hatfield, Global Chief Investment Officer bei Alcentra (BNY Mellon IM):
„Die Ankündigung entsprach so sehr unseren Erwartungen, dass sie fast enttäuschte. Anleihen könnten profitieren und der Euro leicht abschwächen. Da es aber nichts Überraschendes gab, gehen wir auf absehbare Zeit von einer restriktiven Grundhaltung innerhalb einer engen Spanne aus. Draghi ließ sich die Sicherheitsoption offen, die Druckmaschine wieder in Schwung zu bringen, falls es für die Eurozone makroökonomisch abwärts geht, so dass zumindest für weitere zwölf Monate keine Zinserhöhungen zu erwarten sind.“
Jörg Utecht, Vorstandsvorsitzender der Interhyp Gruppe:
„Die Renditen zehnjähriger deutscher Staatsanleihen haben im Vorfeld der erwarteten Entscheidung im Wochenverlauf auf knapp 0,5 Prozent zugelegt. Erste Bankpartner haben ihre Konditionen um bis zu 10 Basispunkte angehoben. Die bisherigen Ankündigungen der EZB, die Geldpolitik in Zukunft gegebenenfalls zu straffen, hatten im Jahresverlauf weder zu einem signifikanten noch zu einem nachhaltigen Anstieg des Zinsniveaus geführt. Nach einem kleinen Zinsanstieg im Sommer um rund 0,2 Prozentpunkte bewegten sich die durchschnittlichen Zinssätze für Baudarlehen in den vergangenen Wochen auf dem Niveau vom Jahresanfang. In den nächsten Tagen ist ein leichter Zinsanstieg jedoch sehr wahrscheinlich.“
Julien-Pierre Nouen, Chef-Wirtschaftsstratege bei Lazard Frères Gestion:
„Wie erwartet hat Mario Draghi angekündigt, dass die EZB einen weiteren Schritt in Richtung Normalisierung ihrer Geldpolitik gehen wird. Beginnend im Januar 2018 bis September 2018, und gegebenenfalls darüber hinaus, sofern nötig, wird sie pro Monat Staatsanleihen im Wert von 30 Milliarden Euro ankaufen. Bislang beträgt der Ankaufswert 60 Milliarden Euro pro Monat. Diese Ankündigung liegt im Großen und Ganzen im Rahmen der Markterwartung. Eine heftige Reaktion der Märkte scheint deshalb relativ unwahrscheinlich. Da für die Politik des Quantative Easings der Bestand an angekauften Werten wichtiger ist als die einzelnen Zuflüsse, wird die Geldpolitik weiterhin gelockert bleiben. Wir erwarten, dass eine vorsichtige Rückkehr zur Normalität nicht zu einer hohen Volatilität an den Märkten führen wird.
Mario Draghi hat noch einmal betont, dass die EZB ihren vorsichtigen Kurs in der Geldpolitik beibehalten will, und dass die kurzfristigen Zinsen erst deutlich später nach einem Stopp der Anleihenankäufe durch die EZB steigen werden. Die Zentralbank will dadurch eine ungewollte Verschärfung der finanziellen Großwetterlage vermeiden, wie zum Beispiel einen erneuten starken Anstieg des Euro-Kurses oder ein zu schnelles Ansteigen der langfristigen Zinsen. Sobald diese beiden Ereignisse bevorstünden, würde die EZB durch geldpolitische Andeutungen gegensteuern oder die Parameter ihrer Ankaufspolitik nachjustieren. Möglicherweise würde sie sogar so weit gehen, die Dauer des Ankaufsprogramms auszuweiten. Anders jedoch, wenn die Inflation in den nächsten Monaten stark steigen sollte. Dann würden die Falken in der EZB versuchen, den Normalisierungsprozess zu beschleunigen. Dessen ungeachtet: Eine sehr behutsame Geldpolitik und eine ausgeweitete Erholung schaffen ein positives Umfeld für risikoreichere Anlagen.“
Seite zwei: „Reduzierung kann nur erster Schritt sein“