Will man die Sitzungen der US-amerikanischen- (Fed) und der Europäischen Zentralbank (EZB) diese Woche zusammenfassen, reicht ein Wort: „unspektakulär“. Das trifft auch auf die Ergebnisse zu, die die Märkte so bereits erwartet haben. Cash. hat Reaktionen auf die Entscheidung der EZB zusammengefasst:
Die Entscheidung der EZB, die Leitzinsen unverändert zu lassen, war keine Überraschung. Darüber sind sich die Marktteilnehmer einig. „Für Investoren ergibt sich aus der heutigen EZB-Sitzung wenig Neues“, sagt James Athey, Senior Investment Manager bei Aberdeen Standard Investments.
Er ergänzt: „Die EZB sah sich gezwungen, ihre Konjunkturprognose signifikant nach oben zu korrigieren, aber sie ist nach wie vor in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit eines in naher Zukunft grundlegend steigenden Inflationsdrucks sehr zurückhaltend. All dies stimmt Investoren auf ein ruhiges Jahresende ein. Ein Großteil dieser Einschätzungen ist in den Währungs- und Anleihemärkten bereits eingepreist.“
Keine Überraschungen
„Die heutige Pressekonferenz bot kaum Überraschungspotenzial für die Finanzmärkte. Bereits zum letzten EZB-Treffen im Oktober hatte Mario Draghi die Eckpunkte des Anleihekaufprogramms für das kommende Jahr verkündet“, stimmt Julien-Pierre Nouen, Chef-Wirtschaftsstratege bei Lazard Frères Gestion zu.
„Nun hat er seine ihm mittlerweile gut geläufige Rede wiederholt: Er erklärte sich zuversichtlich, dass die EZB-Maßnahmen greifen würden, und sprach davon, wie notwendig Ausdauer und Geduld seien. Darüber, wie die EZB den Ausstieg aus dem Anleihekaufprogramm ab September kommenden Jahres handhaben will, wurden keine weiteren Details bekanntgegeben.“
Dazu sagt Dr. Daniel Hartmann, Senior Economic Research bei Bantleon: „In den vergangenen Wochen hatten einige prominente EZB-Vertreter (unter anderem Benoît Coeuré) gerade dieses offene Ende der Anleihekäufe in Frage gestellt und für ein Auslaufen des Programms im September 2018 plädiert. Diese Einschätzung wollte Mario Draghi im Rahmen der Pressekonferenz zur EZB-Sitzung nicht bestätigen. Er betonte vielmehr, dass man sich erst vor Kurzem im Konsens auf ein flexibles Auslaufen verständigt habe.“
Wahlen in Italien als Hindernis
Und obwohl sich die Wirtschaft positiv entwickelt habe und die EZB die Wirtschaftsprognosen angehoben habe, habe Draghi einräumen müssen, dass die Entwicklung der Kerninflation enttäuschend sei. Die Anpassung der Inflationsprognose nach oben in 2018 sei laut Draghi allein dem Ölpreis geschuldet.
„Für viel Diskussionsstoff sorgte die erstmals publizierte Inflationsprognose für 2020, die laut EZB im Mittel bei 1,7 Prozent liegen wird. Der Frage, ob dieses Niveau bereits als ausreichende Annäherung an das Inflationsziel angesehen werden kann, wich Draghi aus. Er wies stattdessen darauf hin, dass neben der absoluten Höhe auch der Trend eine Rolle spielt“, sagt Hartmann.
Insgesamt habe Draghi ein positives Fazit gezogen. Der EZB-Rat habe stärkeres Vertrauen, dass sich die Inflation erhole und zum Ziel konvergiere. Doch erwartet die EZB 2018 ein weiteres Hindernis: „Der wahre Elefant im Wohnzimmer dürften die Wahlen in Italien sein. Allein die Ankündigung des Wahltermins durch die Regierung gestern sorgte schon für einen Ausverkauf italienischer Staatsanleihen. Das ist eine ziemlich fiebrige Reaktion“, sagt Athey. (kl)
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