Nach Jahren der lockeren Geldpolitik steht ein Epochenwechsel ins Haus. In den USA dürfte die Notenbank Fed in diesem Jahr mit der Verringerung ihrer Bilanzsumme beginnen und damit terra incognita betreten. Die Folgen für die Leitzinsentwicklung
Seit der Finanzkrise ist die Bilanzsumme der Fed durch Anleihekaufprogramme von rund 870 Milliarden US-Dollar auf rund 4,5 Billionen US-Dollar angestiegen. Angesichts der Stabilisierung von Konjunktur und Inflation in den USA ist nun der Zeitpunkt gekommen, mit der Normalisierung der Bilanz zu beginnen. Auf die Ära der lockeren Geldpolitik folgt nun eine Zeit des quantitativen Tightenings (QT).
„Maßnahme ist ein Novum, aber kein Anlass zur Sorge“
Mit der quantitativen Straffung betritt die Fed geldpolitisches Neuland. „Das ist zwar ein Novum für die Finanzmärkte, muss aber kein Anlass zur Sorge sein“, betont Laurence Boone, Global Head of Multi Asset Client Solutions (MACS) and Trading and Security Finance (TSF), Global Head of Research bei Axa Investment Managers (Axa IM) und Chief Economist der Muttergesellschaft Axa Group. „Wir haben die möglichen Folgen des quantitativen Tightenings analysiert und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Normalisierung ohne größere Verwerfungen möglich ist. Es dürften zudem genug Spielräume bleiben, um im Falle einer Konjunkturschwäche zu reagieren.“ Bei der Analyse haben die Experten von Axa IM eine Reihe von Schätzungen berücksichtigt, die die Auswirkungen von Bilanzverringerungen mit denen von Zinserhöhungen ins Verhältnis setzen.
Anhebung der Zinsen bis Ende 2018 auf bis zu 2,25 Prozent
Je nach Schätzung ist davon auszugehen, dass eine Verringerung der Bilanz um 600 Millarden US-Dollar einer Leitzinserhöhung von 40 bis 133 Basispunkten entspricht. Auf dieser Grundlage rechnen die Experten mit einem moderaten Szenario, bei dem die Notenbank die Zinsen bis Ende 2018 auf 2 bis 2,25 Prozent anhebt und die Bilanzsumme um 350 Milliarden US-Dollar verringert. „Wir gehen davon aus, dass die Fed ein behutsames Tempo anschlägt, um den Aufschwung nicht in Gefahr zu bringen“, sagt Boone und fügt hinzu: „Allerdings ist der US-Konjunkturzyklus bereits weit fortgeschritten. Daher müssen wir realistischerweise damit rechnen, dass es der Notenbank nicht gelingen wird, ihre Geldpolitik vollständig zu normalisieren, bevor die Konjunktur nachlässt.“
„Notenbanken haben Schlüsselrolle bei der Eindämmung von Finanzkrisen“
Die Bilanzsummme der Fed werde dauerhaft größer bleiben als vor der Finanzkrise, da die Reserveverpflichtungen der Banken proportional zum nominalen BIP wachsen und größere Überschussreserven gehalten werden als früher. Problematisch sei das nicht. Im Gegenteil könne die Fed Geldpolitik und Inflationserwartungen in diesem Szenario mit Zinsschritten direkt steuern. Zudem habe sich das Mandat der Notenbanken faktisch verändert und umfasse nun neben der Steuerung der Konjunktur auch die finanzielle Stabilität. „Da die Aufsichtsbehörden es nicht geschafft haben, eine zu starke Kreditvergabe zu verhindern, fällt den Notenbanken eine Schlüsselrolle bei der Eindämmung von Finanzkrisen zu“, so Boone. Mit einer größere Bilanzsumme könne die Notenbankliquidität könne als Puffer dienen, wenn die Marktliquidität abnimmt.