Hans-Werner Sinn, ehemaliger Präsident des Ifo-Instituts warnte davor, dass sich die europäische Währungsunion in eine Transferunion verwandelt. Sinn war als Gastredner auf der 30. Feri-Tagung in Frankfurt eingeladen. Eines der Schwerpunktthemen der Veranstaltung war die Zukunft der Währungsunion.
„Die Politik hat noch nicht verstanden, was nach dem Brexit für Deutschland auf dem Spiel steht – wir müssen Europa neu gründen“, das hat Prof. Hans-Werner Sinn, Volkswirt und ehemaliger Präsident des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung gefordert, im Rahmen der 30. Feri-Tagung in Frankfurt.
Dass Großbritannien aus der Europäischen Union aussteige, komme einer „ökonomischen Atombombe“ gleich, was in Deutschland vielfach noch nicht richtig angekommen sei.
Reformen erfolgen nur, wenn es keine Alternative mehr gibt
„Es kriselt überall in Europa“, so Sinn. Die wirtschaftsschwachen EU-Mitgliedsländer würden die notwendigen Reformen nicht umsetzen, weil sie sich auf Transferzahlungen und Mittel aus den Rettungspaketen verlassen würden.
„Reformen folgen erfahrungsgemäß immer nur, wenn es keine Alternative mehr gibt“. sagt Sinn. Er kritisierte auch den „künstlichen und kreditfinanzierten Aufschwung in den Mitgliedsländern“. Die Entwicklung der Bruttoinlandsprodukte bezeichnete er als „keynesianisches Strohfeuer“.
Die „am wenigsten trostlose“ Alternative zur aktuellen Situation sei eine „atmende EU“, in der Krisenländer aus dem Euro austreten und ihre Landeswährungen abwerten dürften. „In Wirklichkeit steuert Europa aber in eine Transferunion, in der vor allem deutsches Geld in die schwachen Länder fließt“, so Sinn.
„Stabile Währungsunion kein realistisches Modell“
Dass die Währungsunion im Zeiten von Brexit, EZB-Politik, Euro-Risiken und Populismus noch eine gute Zukunft hat, bezweifelt auch Dr. Heinz-Werner Rapp, Vorstand von Feri und Leiter des Feri Cognitive Finance Institute.
Feri erstellt aktuell eine Studie, die zentrale Überlegungen von Prof. Sinn vertieft und erweitert. „Eine stabile Währungsunion ist angesichts der aktuellen Entwicklungen kein realistisches Modell mehr für die Zukunft“, so Rapp. Die Studie, in der die langfristige Stabilität des Euro kritisch analysiert wird, soll Anfang 2018 erscheinen. (kl)
Foto: Florian Sonntag