Seit dem Zwischentief vor rund einem Jahr geht es mit der globalen Ökonomie wieder aufwärts. Allerdings könnte der Schwung bereits in diesem Jahr wieder nachlassen.
Den Grund hierfür sieht Nikolaj Schmidt, Chief International Economist bei T. Rowe Price, in der nachlassenden Dynamik zahlreicher Konjunkturprogramme sowohl in China als auch in den Industrieländern. Nach Ansicht des Experten trüben zudem die politischen Entwicklungen in der westlichen Welt den globalen Ausblick: „Die Zunahme populistischer Tendenzen kann zwar aufgrund von umfassenden finanzpolitischen Maßnahmen in einigen Regionen das Wachstum stärken. In anderen Regionen bedroht dies indes den Fortschritt.“
Höhere Energiepreise lassen Inflation steigen
Unter verbesserten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wächst die Unsicherheit darüber, welchen geldpolitischen Kurs die US-Notenbank Fed in diesem Jahr einschlagen wird. „Die erwartete Anhebung der Zinsen in zwei oder drei Schritten steht durch die Ankündigung steuerlicher Anreize der Regierung Trump in Frage“, erklärt Schmidt. Unklar sei auch, wie sich in diesem Umfeld die Inflation entwickeln werde, zumal in der US-Wirtschaft inzwischen nahezu Vollbeschäftigung herrsche. Gleichzeitig stellen sich die Finanzmärkte darauf ein, dass die Europäische Zentralbank (EZB) eine weniger expansive Gelpolitik verfolgen könnte. „Zwar ist die Kerninflationsrate immer noch niedrig, aber der Anstieg der Energiepreise hat die Gesamtinflation zuletzt sprunghaft in die Höhe getrieben“, so Schmidt.
Schuldenabbau verursacht Gegenwind für Schwellenländer
Ähnlich unsicher sind dem Experten zufolge die Aussichten für den asiatischen Wirtschaftsraum: „China sieht sich nach wie vor mit einer hohen Verschuldung insbesondere von staatlich gestützten Unternehmen und immer mehr notleidenden Krediten innerhalb des Bankensystems konfrontiert.“ Finanzpolitische Unterstützungsmaßnahmen sollten deshalb in China weiterhin an der Tagesordnung sein, während andere wichtige Schwellenländer diszipliniert Schulden abbauen. Aus diesem Grund hatten viele Schwellenländer bereits Ende des Jahres 2016 mit Gegenwind zu kämpfen – und geraten nun angesichts des zunehmenden Populismus in den Industrieländern weiter unter Druck. Die Entscheidung Großbritanniens, aus der Europäischen Union (EU) auszutreten, sowie die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten machen eine zunehmende Unzufriedenheit der Wähler in den westlichen Industrienationen deutlich. „Die Globalisierung verursacht eine ungleiche Verteilung von Wohlstand und Einkommen. Deshalb unterstützen viele Menschen politische Kandidaten, die versprechen, Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe zu erhalten, die Zuwanderung zu drosseln und den Import aus Niedriglohnländern zu kontrollieren“, sagt Schmidt.
Wahljahr 2017 und Brexit beeinflussen Wachstum in Europa
Eine Zunahme populistischer Tendenzen insbesondere in Europa könnte sich dem Experten zufolge maßgeblich auf das globale Wachstum auswirken. In Jahr 2017 stehen Wahlen in Frankreich, Italien, Deutschland, Griechenland und den Niederlanden an, in denen rechtsorientierte Parteien einen erheblichen Zuwachs verzeichnen könnten. „Ein unsicheres politisches Umfeld könnte viele Unternehmen und Investoren dazu veranlassen, Entscheidungen auf die lange Bank zu schieben, wodurch das Wachstum in Europa verlangsamt würde“, lautet die Einschätzung Schmidts. Ebenso folgenreich mit unmittelbaren Auswirkungen auf das britische Pfund könnte ein „harter“ Brexit sein, bei dem Großbritannien zugunsten der Einwanderungskontrolle auf den Zugang zum europäischen Binnenmarkt verzichtet.
In den USA steigt das Risiko für extreme Entwicklungen
In den USA dürfte der Populismus unterschiedliche Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Zentrale Elemente von Trumps Wirtschaftspolitik umfassen Steuererleichterungen, ein neues regulatorisches Rahmenwerk, das kaum Vorgaben für den Energiesektor enthält, sowie eine Handelspolitik nach dem Motto „America first“. Während einige Maßnahmen, wie die Reform des Steuersystems oder die Deregulierung, die Wirtschaft unmittelbar ankurbeln könnten, dürften Strafen für US-Unternehmen, die im Ausland produzieren, oder eine aggressive Einwanderungspolitik negative Folgen haben. „Wir gehen von einem Wachstum der US-Wirtschaft von zwei Prozent aus. Investoren sollten sich aber auf extreme Entwicklungen in die ein oder andere Richtung einstellen.“ (tr)
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