In den vergangenen Wochen und Monaten bewegten sich die Aktienmärkte in den Vereinigten Staaten kaum. Viele Anleger sind über die Ruhe vielleicht sogar erfreut. Allerdings könnte die Volatilität auf mittlere Sicht wieder anziehen.
„Während Anleger weiterhin von den robusten Renditen globaler Aktien profitieren, bereitet die ungewöhnlich geringe Volatilität an den Märkten Grund zur Sorge, insbesondere angesichts der weiterhin bestehenden Unsicherheiten auf makroökonomischer und politischer Ebene und hinsichtlich der Unternehmensgewinne“, sagt Scott Berg, Portfoliomanager für die Global Growth Equity Strategy bei T. Rowe Price. Diese Perspektive werde durch den MSCI AC World Index untermauert, der im Jahresverlauf um sieben Prozent zulegte und seit der US-Wahl ein Plus von über zehn Prozent erzielte, und insgesamt eine solide und nahezu ununterbrochene Aufwärtstendenz zeigte. Wie ruhig sich die Märkte verhalten, lasse sich an der realisierten Aktienmarktvolatilität erkennen, die beinahe auf einen Tiefstand sank.
Warum ist die Volatilität so gering?
Die sinkende Volatilität spiegele zum Teil einige sehr positive und reale Veränderungen im globalen Wirtschaftsumfeld wider. Zu den sich verbesserten Daten zähle der Anstieg globaler Einkaufsmanagerindizes, die nach einer ersten Aufwärtstendenz im Sommer 2016 inzwischen ein Niveau erreichten, das mit einer soliden Beschleunigung des globalen Wirtschaftswachstums gleichgesetzt werden könne. Die Unternehmensgewinne – sowohl die tatsächlichen als auch die erwarteten – erholten sich ebenfalls kontinuierlich von ihren Tiefständen.
Warum sollten Investoren auf kurze Sicht vorsichtiger sein als der Konsens?
„Trotz der Verbesserung der Fundamentaldaten hat auch die hoffnungsvolle Stimmung ihren Teil zum Auftrieb der Märkte beigetragen, und die Konsensmeinung schwenkte innerhalb eines Jahres von Verzweiflung zu Ausgelassenheit. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich die dramatische Veränderung bei der Stimmung kleinerer US-Unternehmen seit der Wahl ansieht“, so der Experte. Diese Stimmungsaufhellung zeige sich zu einem gewissen Grad in den Aktienmärkten. Sie beruhe einerseits auf den sich bessernden Daten sowie andererseits auf den potenziellen Auswirkungen eines politischen Richtungswechsels der USA auf die US-amerikanischen und globalen Wachstumsaussichten – und dies trotz weiterhin fehlender konkreter Details zur neuen Politik der Trump-Regierung. „Die Auswirkungen, die eine solche Beschleunigung auf zyklische Segmente des globalen Aktienmarkts hätten, führten nach der Wahl zu einer zyklischen Kaufwelle – eine Tendenz, bei der wir eine vorsichtig konträre Haltung einnehmen“, schildert Berg.
Der Markt mache sich im Hinblick auf politische und makroökonomische Faktoren große Hoffnungen. „In vielerlei Hinsicht glauben wir jedoch, dass jetzt die Zeit gekommen ist, um auf Titelebene zu operieren und unsere Wunschliste von Aktien, die demnächst zum Verkauf stehen könnten, zu aktualisieren – falls es auf Makro- oder politischer Ebene zu Enttäuschungen kommen sollte. In diesem Zusammenhang macht die Volatilität auf Sektorebene, zyklisch versus defensiv, im Hinblick auf den Anlagestil, Value versus Growth, und auf Basis vieler individueller Titel einen überdurchschnittlichen Eindruck, auch wenn die Marktvolatilität niedrig erscheint. Dies ist eine ungewöhnliche Perspektive und hat sicherlich trotz der relativ niedrigen Volatilität von Aktienmarkt-Beta für aktive Anleger größere Volatilität von Alpha geschaffen“, schildert Scott Berg. (tr)
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