Alberto Chiandetti, Fondsmanager von Fidelity International, hat Hoffnung für den italienischen Bankensektor. Es bleibe aber noch viel zu tun.
Noch immer hat sich das italienische Bankensystem von den diversen Krisen nicht völlig erholt. Der riesige Berg notleidender Kredite erreichte Ende 2015 mit einem Anteil von 24 Prozent am Brutto-Kreditvolumen den Höchststand. Zwar scheint das Schlimmste überstanden. Denn mit der langsamen, aber kontinuierlichen Konjunkturerholung kam der stetige Strom neuer fauler Kredite zum Erliegen. Aber im System müssen nach wie vor hohe Altlasten abgebaut werden, bevor Italiens Banken im großen Stil neue Kredite vergeben können.
Systemisches Risiko verringert
Als größtes Versäumnis erweist sich nun, dass Italien auf die Schaffung einer Bad Bank verzichtete. Anfang 2017 verstaatlichte die italienische Regierung zwar weitgehend die größte börsennotierte Bank des Landes, Monte dei Paschi, und verringerte damit das systemische Risiko. Aber die Probleme der beiden mittelgroßen Regionalbanken Veneto und Vicenza sind weiter ungelöst und sorgen immer wieder für Verunsicherung. Eine Lösung unter Einbeziehung der Anleiheinhaber und/oder Sparer bei den beiden Banken würde neuerliche Ängste vor einer Kapitalflucht aus den schwächeren börsennotierten Sparkassen („Popolari banks“)und einigen kleineren nicht gelisteten Banken schüren. Letztere haben einen Anteil am ausgereichten Kreditvolumen von 30 Prozent.
Gewisse Entspannung der Lage
Zugleich deuten die jüngsten von italienischen Banken veröffentlichten Zahlen auf eine gewisse Entspannung der Lage hin. So ist die Deckungsquote für notleidende Kredite auf 51 Prozent gestiegen und die Masse dieser Kredite ist ohne Berücksichtigung einiger technischer Effekte erneut deutlich geschrumpft. Außerdem hat die Nettozinsmarge offenbar die Talsohle durchschritten, während die Banken den Anteil der Gebühren am Gewinn dank stabilerer Einnahmequellen weiter steigern konnten.
Zersplittertes Bankensystem steht höherer Profitabilität entgegen
Verschärft wurde die Euro-Krise 2011 nicht zuletzt durch die unerfreuliche Wechselbeziehung zwischen Staatsanleiherenditen und dem Bankensektor. Als die Renditen im Verlauf der Krise in die Höhe schossen, schmolzen die Gewinne jener Banken, in deren Büchern sich umfangreiche Bestände an italienischen Staatsanleihen angehäuft hatten. Ihre Eigenkapitalposition verschlechterte sich zusehends. Seitdem haben beispielsweise die beiden größten Banken Unicredit und Intesa ihre Eigenkapitalbasis gestärkt und einen Teil ihrer notleidenden Kredite veräußert. Dennoch steht das italienische Bankensystem weiterhin auf schwachen Füßen, unfähig, hohe Renditen zu generieren, während die von der Europäischen Zentralbank (EZB) bereitgestellte Liquidität den Wettbewerb unter den Banken anheizt. So kommt es, dass die Kreditnachfrage zwar steigt, aber nicht ausreichend genug, um den von den niedrigen Zinsen ausgehenden Druck auf die Margen wettzumachen. Erschwerend kommt hinzu, dass das Bankensystem nach wie vor sehr zersplittert ist, was einer spürbaren Erholung der Profitabilität entgegensteht.
Kostensenkungsprogramme laufen
Inzwischen haben die meisten Banken ihre Kosten aggressiv gesenkt. Aber nur solche mit sauberen Bilanzen werden ihre Kreditvergabe ankurbeln und damit höhere Renditen generieren können. Nach unserer Einschätzung wird dieses Potenzial aber bei einigen Banken unterschätzt. Weniger gut bewerten wir die Aussichten für die kleineren Sparkassen ein. Nach wie vor leiden sie unter der Last ihrer notleidenden Kredite, die sie zu höheren Rückstellungen zwingt und damit ihre Gewinne schmälert.
Alberto Chiandetti managt den Fidelity Italy Fund
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