Der deutsche Fondsverband BVI warnt Behörden und Politik angesichts anhaltend niedriger Zinsen, Überregulierung und der Verselbstständigung der europäischen Aufsichtsbehörden vor Belastungen für Fondsbranche und Sparer.
„2017 hat die Branche mehr gesetzliche Vorgaben umgesetzt als je zuvor“, sagt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter auf der Jahrespressekonferenz. Eine große deutsche Fondsgesellschaft musste wegen MiFID II, PRIIPs und der Investmentsteuerreform insgesamt 560 Tonnen Post an ihre Kunden schicken – das entspricht dem Gewicht eines vollbeladenen und vollgetankten Airbus 380. „Die Branche ist inzwischen überreguliert. Statt immer weitere Regeln zu erlassen, sollten jetzt erst einmal die Wirkung der existierenden Vorschriften bewertet sowie Widersprüche und Fehler beseitigt werden“, so Richter.
Kostenausweis: schon heute überreguliert
Seit Jahresbeginn müssen die Vertriebsstellen wegen MiFID II mehr Kostenbestandteile von Fonds offen legen, vor allem die Vertriebskosten. In Deutschland aufgelegte Aktienfonds liegen im EU-Vergleich mit laufenden Kosten von 1,57 Prozent bereits heute unter dem Durchschnitt. Mit der zusätzlichen MiFID-Transparenz dürfte der Druck auf die Gebühren weiter steigen. Dennoch hat die europäische Wertpapieraufsicht ESMA bereits angekündigt, die Fondskosten künftig regelmäßig zu untersuchen.
„Wir sehen nicht, was bei den Kosten noch reguliert werden könnte“, so Richter. „Mehr Kostentransparenz bei Fonds geht nicht. Im Gegenteil: Inzwischen entstehen durch die vielen unterschiedlichen Kostenausweise allenfalls Scheintransparenz und Verwirrung bei den Anlegern.“
Vergleich unterschiedlicher Kostenausweise führt zu absurden Ergebnissen
Fondsgesellschaften und Berater informieren Privatanleger mit den „wesentlichen Anlegerinformationen“ schon seit Jahren über die Fondskosten. Zu Riester-Fonds erhält der Anleger zusätzlich ein Produktinformationsblatt (PIB); zum Jahresbeginn kamen noch die MiFID-II-Informationen dazu und bei Fondspolicen das PRIIPs-KID. Ein Vergleich dieser Kostenausweise führt mitunter zu absurden Ergebnissen:
- Nach MiFID II und PRIIPs sind die Produktkosten jeweils in Euro und Cent offenzulegen, werden aber unterschiedlich berechnet. Diese Angaben stimmen wiederum nicht mit den wesentlichen Anlegerinformationen und dem Riester-PIB überein.
- Das PRIIPs-KID definiert Transaktionskosten nicht als Drittkosten für die Ausführung von Wertpapiergeschäften, sondern als Differenz zwischen dem tatsächlichen Kauf- oder Verkaufspreis eines Wertpapiers und einem Referenzpreis. Die Folge: Bei Anlagen in weniger liquiden Märkten, beispielsweise Anleihen, werden regelmäßig falsche oder sogar negative Transaktionskosten ausgewiesen.
- Für Sachwertefonds ist unter MiFID II/ PRIIPs unklar, ob die Kosten für die Bewirtschaftung von Immobilien und für Kreditzinsen als Produktkosten auszuweisen sind. Sie entstehen schließlich schon bei einer Direktanlage in Immobilien und nicht erst durch die Verwaltung innerhalb eines Fonds. Je nach Interpretation berechnen die Fondsgesellschaften die Kosten unterschiedlich, sie sind also derzeit nicht vergleichbar. (fm)
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