Traditionell wurde der Carry-Faktor vor allem bei Kapitalanlagen in Währungen angewendet. Investiert werden sollte vor allem in Währungen, die eine hohe Verzinsung ermöglichten.
Risiken des Carry-Faktors
Bei Aktien werden unter dem Carry-Faktor die Erträge der einzelnen Titel unter der Annahme verglichen, dass sich die Aktienkurse nicht verändern. Attraktiv sind demnach vor allem Aktien mit hoher Dividendenrendite. Diese renditestärksten Anlagen würden Investoren halten oder weitertragen (carry).
Das Risiko des Carry-Faktors liegt in seiner Grundannahme. Betrachtet werden die Erträge bei gleichbleibenden Marktbedingungen, also bei sich nicht verändernden Kursen. Der Carry-Faktor sagt, dass wir in Papiere und Währungen investieren sollten, die unter diesen Rahmenbedingungen die höheren Erträge liefern. Oft jedoch sind die Renditen höher, weil das Risiko höher ist.
Hochzinsanleihen zum Beispiel bieten eine höhere Rendite als US-Treasuries, da die Emittenten als weniger kreditwürdig gelten: Sie haben ein höheres Ausfallrisiko. Daher verlangen Anleger eine höhere Verzinsung.
Kein Garant für Erfolg
Ähnlich zwiespältig ist das Bild bei Aktien mit hoher Dividendenrendite. Es gibt sie zwar, die Dividendenstars unter den Wertpapieren. Zugleich aber gibt es auch die „Scheinriesen“: Unternehmen mit hohen Dividendenzahlungen aber einem schwachen Aktienkurs. Trotz vergleichsweiser hoher Ausschüttungen sind Aktionäre offensichtlich nicht von den Geschäftsaussichten dieser Unternehmen überzeugt.
Anleger müssen sich daher bewusst machen, dass ein Investment auf Basis des Carry-Faktors mit einem höheren Risiko verbunden sein kann. Ein Garant für den Anlageerfolg zumindest ist auch der Carry-Faktor nicht. Er kann jedoch ein Baustein in einer erfolgreichen Aktienstrategie sein.
Jörg Westebbe ist Leiter Wholesale Business, HSBC Global Asset Management (Deutschland)
Foto: HSBC
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