Krise in Italien und Handelsstreit verlieren ihren Schrecken

Das politische Chaos in Italien und dem weißen Haus verängstigt Anleger. Einige Stimmen warnen bereits vor dem Austritt Italiens aus dem Euro und einem Handelskrieg. Doch so weit wird es nicht kommen. Anleger sollten sich trotzdem auf Turbulenzen vorbereiten. Gastbeitrag von Carsten Roemheld, Fidelity 

Carsten Roemheld ist Kapitalmarktstratege bei Fidelity International
Carsten Roemheld: „Mit der neuen Regierung rücken Strukturreformen in weite Ferne. Eine weitere Erhöhung der Spreads italienischer Staatsanleihen ist vor diesem Hintergrund nicht auszuschließen.“

Das politische Chaos, das uns in Italien seit Jahren begleitet, scheint kein Ende zu finden. Es mag zynisch klingen, aber in gewisser Weise haben wir uns an diese Zustände gewöhnt. Sie verlieren ihren unmittelbaren Schrecken.

Auch wenn die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega Nord nun eine gemeinsame Regierung bilden, sind die politischen Übereinstimmungen der beiden Parteien sehr gering. Deshalb ist ein politischer Konsens – auch mit anderen Parteien – notwendig. Strukturelle Reformen sind in Italien dringend erforderlich.

Mit der neuen Regierung rücken diese aber voraussichtlich in weite Ferne. Eine weitere Erhöhung der Spreads italienischer Staatsanleihen ist vor diesem Hintergrund nicht auszuschließen.

Handelskrieg ist mehr Rhetorik als Realität

In den vergangenen Monaten hat sich die Regierung Trump einen Namen damit gemacht, als möglich unberechenbar zu erscheinen. Das ist als Teil der Verhandlungstaktik des US-Präsidenten zu sehen. Dies hat er bereits in seinem früheren Leben als Unternehmer praktiziert und in seinem Buch „The Art of the Deal“ erläutert.

Im Kern geht es darum, die möglichst beste Ausgangsbasis für Verhandlungen zu erarbeiten. Genau das steht auch bei den angekündigten Strafzölle im Vordergrund. Ich gehe nicht davon aus, dass es im Handelskrieg zum Äußersten kommen wird, also zu einer Eskalation des Konflikts. Es drängt sich der Verdacht auf, dass diese Maßnahmen die Republikaner bei den Mid-Term-Wahlen im November unterstützen sollen.

Märkte bleiben volatil

Ohne Zweifel ist der Alleingang der Amerikaner skeptisch zu sehen. Der Wunsch, von multilateralen zu bilateralen Beziehungen zu gelangen, bringt für das globale Gemeinwohl Einbußen mit sich. Und: Der Protektionismus, der das Außenhandelsdefizit abbauen soll, wird zwangsläufig inflationäre Tendenzen mit sich bringen. Das wird dem Gros der amerikanischen Mittelschicht nicht gefallen.

Was heißt all das für Anleger? Ein Krisenszenario per se geht von Italien und dem Handelskrieg nicht aus, aber insgesamt werden die Märkte ihre volatile Phase weiter fortsetzen. Dabei sollten Investoren Phasen mit stärkeren Kursausschlägen für den längerfristigen Einstieg bei Positionen nutzen, die im Rahmen der Kursturbulenzen überproportional in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Vor dem Hintergrund einer sich weiter abschwächenden Wirtschaft erschienen Zykliker daher nicht so attraktiv wie Qualitäts- oder Wachstumswerte in aussichtsreichen Branchen wie Technologie oder Gesundheitswesen.

Carsten Roemheld ist Kapitalmarktstratege bei Fidelity International

Foto: Fidelity

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