Die Reformvorschläge der Ökonomen zielten generell auf mehr Eigenverantwortung der einzelnen Länder, sagte Fratzscher. „Gleichzeitig wollen wir eine bessere Koordinierung. Es geht darum, bessere und klügere Regeln zu schaffen, die auch eingehalten werden“.
Schuldenregeln vereinfachen
Die Ökonomen schlagen sechs Reformen vor. So könne eine Art Schlechtwetterfonds große wirtschaftliche Krisen abfedern. Er soll durch Beiträge der Mitgliedstaaten finanziert werden. „Um sicherzustellen, dass der Fonds nicht zu permanenten Transfers führt, sollten Beiträge zu dem gemeinsamen Fonds höher sein für Länder, die den Fonds stärker beansprucht haben“, heißt es in dem Papier.
Die bisherigen komplizierten Schuldenregeln sollten vereinfacht, die Überwachung der nationalen Wirtschaftspolitiken solle verbessert werden. Nach den Maastricht-Kriterien darf unter anderem die jährliche Neuverschuldung in den Staaten drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht überschreiten.
Stellt die EU-Kommission grundlegende Verstöße fest, kann sie Sanktionen vorschlagen, die von den Staaten verabschiedet werden müssten. In der Praxis ist dies aber noch nie geschehen.
Die Studienautoren schlagen nun vor, eine unabhängige Institution für die Überwachung der Fiskalpolitik der Mitgliedstaaten zu schaffen. Die Verantwortung für die Vergabe von Hilfskrediten mit Auflagen für Krisenstaaten soll vollständig in Händen eines reformierten Euro-Rettungsfonds ESM liegen. In der Griechenlandkrise etwa war dabei noch der Internationale Währungsfonds (IWF) einbezogen worden.
Abhängigkeit zwischen Staaten und Banken durchbrechen
Für die Staatsausgaben schlagen die Autoren folgendes Prinzip vor: sie sollen auf lange Sicht nicht schneller wachsen dürfen als das nominale Bruttoinlandsprodukt, und langsamer in Ländern, die ihre Schuldenquote verringern müssen. Unabhängige nationale Fiskalräte sollen die Regeln zusätzlich überwachen.
Die Autoren fordern zudem, den Teufelskreis aus einer finanziellen Abhängigkeit zwischen Staaten und ihren Banken zu durchbrechen – durch eine koordinierte Einführung einer Eigenkapitalunterlegung von sogenannten Konzentrationsrisiken bei Staatsanleihen sowie einer gemeinsamen Einlagensicherung.
Die EU-Kommission hat bereits vor einigen Jahren einen Vorschlag für ein Sicherungssystem für Bankguthaben vorgelegt. Bislang scheiterte er aber im Kreis der Mitgliedsstaaten vor allem am Widerstand Deutschlands. Banken hierzulande fürchten, im Notfall für Kriseninstitute in anderen Ländern zu haften. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte beim Treffen der Staats- und Regierungschefs Ende des Jahres aber leichte Kompromissbereitschaft signalisiert. (Andreas Hoenig und Alkimos Sartoros/dpa)
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