Die US-Notenbank hat die Zinsen am kurzen Ende seit Dezember 2015 stetig angehoben, das letzte Mal im Juni. Zugleich kommen die Langfristzinsen nicht von der Stelle, wodurch das Zinsgefälle geringer wird. In anderen Ländern gibt es bislang kaum oder nur mässige Anzeichen einer Veränderung in der Neigung der Zinskurve.
Ansteckungsgefahr
Aber deshalb sollten sie sich nicht in Sicherheit wiegen, denn historisch gesehen gibt die USA in Sachen Wirtschaftsaktivität stets die Richtung vor. Folglich ist auch die Entwicklung des Term Spreads in den Vereinigten Staaten ein zentraler Indikator für künftige weltweite Trends.
Viele Marktbeobachter führen technische Gründe für die aktuellen Entwicklungen an und bezweifeln die Tauglichkeit des Zinsgefälles als Konjunkturbarometer. Sie verweisen darauf, dass die Fed, wie andere Zentralbanken auch, lange Zeit im Kaufrausch war und im großen Stil US-Staatsanleihen erwarb, um eine globale Depression nach der Finanzkrise abzuwenden.
Auch wenn sie inzwischen ihr Anleihekaufprogramm beendet hat, hält die amerikanische Notenbank immer noch einen großen Bestand an langfristigen US-Staatsanleihen, die die Zinsen am langen Ende künstlich niedrig halten. Da aber die Kurzfristzinsen steigen, kann das Zinsgefälle nur schrumpfen.
Ende der Zinskurve belastet
Allerdings könnte es noch andere, drängendere Faktoren geben, die das lange Ende der Kurve stark belasten. So ist das Risiko am Markt gestiegen, seit US-Präsident Donald Trump seine Rhetorik zum Welthandel verschärft hat. Die neu eingeführten Importzölle bzw. Gegenzölle werden tiefe Spuren beim Weltwirtschaftswachstum hinterlassen.
Darüber hinaus haben seit Jahresbeginn die Schwankungen an den Aktienmärkten zugenommen, nicht nur als Reaktion auf die Trumpschen Kapriolen, sondern auch wegen der insgesamt spätzyklischen Dynamik, die mit moderaterem Wachstum einhergeht. Anleger treibt es daher in Massen in sichere Häfen wie langfristige US-Treasuries, was deren Renditen niedrig hält.
Rezession innerhalb eines Jahres
Während diese widersprüchlichen Bedingungen für eine außergewöhnliche Situation sorgen, gibt es keinen Grund zur Annahme, dass es „dieses Mal anders sein sollte“. Mit anderen Worten, der Term Spread bleibt ein gültiger Indikator für die künftige Wirtschaftsentwicklung. Aber derzeit stehen wir erst am Beginn eines Straffungszyklus.
Setzt sich der aktuelle Trend fort, wird es weitere sechs bis zwölf Monate dauern, bis das Zinsgefälle negatives Terrain erreicht. Das wiederum würde auf eine Rezession innerhalb eines Jahres hindeuten, die in den USA beginnt und von dort andere Regionen erfassen wird.
Dr. Daniel Seiler ist Head of Vescore
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