Zum Jahreswechsel häufen sich die Ausblicke von Finanzinstituten und -dienstleistern. Eine einzelne Prognose allein ist dabei in der Regel nicht mehr als ein Stochern im Nebel. Viele Prognosen zusammen lassen sich jedoch hervorragend für antizyklische Strategien nutzen.
Gastbeitrag von Ulrich Zorn, CSR Beratungsgesellschaft
Diese Strategien reduzieren das Risiko im Portfolio – ein verlockender Gedanke, insbesondere nach einem lang laufenden Bullenmarkt.
Prognosen zur Entwicklung von Börsenständen, Zinsen oder Devisenkursen treffen in der Regel nur zufällig. Das liegt nicht an der mangelnden Kompetenz der Analysten, sondern an der Komplexität der Materie: Es gilt, eine Vielzahl von Kennziffern zu beobachten, zu gewichten und miteinander in Beziehung zu setzen.
Bereits kleine Abweichungen einzelner Variablen ändern das Ergebnis. Hinzu kommen die Marktteilnehmer, die mit ihren Entscheidungen die Kursverläufe beeinflussen. Wenn Anleger zum Beispiel mehrheitlich dazu neigen, Risiken gering zu werten, werden sie verstärkt Aktien nachfragen, das treibt die Kurse.
Risiko durch EZB-Geldpolitik
In den vergangenen fünf Jahren ist mit der extrem lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ein weiteres Risiko hinzugekommen.
Im Rahmen ihres seit März 2015 laufenden Anleihekaufprogramms hat die EZB bis Dezember 2017 Wertpapiere im Gegenwert von 2.280 Milliarden Euro erworben.
Noch bis Ende 2017 kaufte sie monatlich Papiere im Wert von 60 Milliarden Euro, seit Januar hat sie diesen Wert auf 30 Milliarden Euro halbiert. Mit ihren Käufen tritt die EZB als Nachfrager am Markt auf.
Unsicherheit erschwert Prognosen
Die verstärkte Nachfrage nach diesen Anleihen lässt deren Preise steigen. Entsprechend sind die Renditen gesunken. Dies kann als eine Verzerrung des Marktumfeldes gewertet werden, wobei abzuwarten bleibt, wie sich die Renditen entwickeln, wenn die EZB ihr Vorgehen ändert.
Das Ende der Käufe hat die EZB bisher weitgehend offen gelassen – die Unsicherheit erschwert Prognosen. So plausibel Prognosen oftmals scheinen, so wenig treffsicher sind sie in der Regel.
Viele aktive Vermögensverwalter halten dennoch an einem prognoseorientierten Portfoliomanagement fest. Die Grundidee ist auf den ersten Blick einleuchtend: Würde man die künftige Marktentwicklung bereits heute kennen, so wäre es einfach, das Portfolio so auszurichten, dass man den größten Nutzen aus dieser Entwicklung zieht.
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