Hans-Werner Sinn: „Die EZB wird indirekt zum Finanzier der Staaten“

Dazu habe aber auch die EZB über die letzten Jahre beigetragen. „Die Zentralbankpolitik hat eine angstfreie Zone geschaffen. Das hört sich zwar zunächst gut an, führt aber langfristig zu mehr Instabilität. Das Problem ist, dass die Überschuldung, die ursächlich für die Probleme war, noch zunimmt“, sagte Sinn.

„Wer, wenn nicht Weidmann“

„Die Geschichte Draghis wird neu erzählt werden müssen. Quantitative Easing ist eine langfristig unverantwortliche Politik. Die EZB wird indirekt zum Finanzier der Staaten.“ Sinn warnte auch davor, „den Weg der Vergemeinschaftung zu gehen“, das führe in eine „unhaltbare Situation“, denn es würde die Schuldenlast nicht reduzieren, sondern nur verstecken und langfristig erhöhen.

Sinn kritisierte in diesem Zusammenhang auch Angela Merkels Entscheidung, Jens Weidmann als Nachfolger Draghis zurückzuziehen: „Ich halte das für einen Fehler. Weidmann ist ein sehr fähiger, kluger Notenbänker, der immer Kurs gehalten hat, in schwierigen Zeiten.“ Zudem hätte Weidmann regelmäßig gegen die Monetarisierung der Staatsschulden argumentiert.

Zwar hätte auch er Schwierigkeiten, sich gegen die Mehrheit der „offenbar schuldenwilligen Länder“ im EZB-Rat durchzusetzen. „Aber der Versuch wäre es wert. Wer, wenn nicht Weidmann, könnte es wagen?“, so Sinn.

Der „Dirigismus der EZB“, die Papiere kaufe, „die das Licht des Marktes nie gesehen haben“, passt laut Sinn nicht zu einer funktionierenden Marktwirtschaft, in der Zinsunterschiede zwischen Staaten und Unternehmen essenziell seien, da nicht alle Kredite mit gleicher Wahrscheinlichkeit zurückbezahlt würden. (kl)

Foto: Florian Sonntag

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