Laut einer aktuellen Analyse des Kreditversicherers Atradius versprechen fünf Länder rund um den Globus besondere Chancen für den deutschen Export. Schlüsselfaktoren sind unter anderem ein solides Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP), ein flexibler Wechselkurs, der die Auswirkungen von Volatilitäten an den Finanzmärkten abfedern kann, sowie zunehmende Investitionen in den Ländern – unter anderem in die Infrastruktur.
„Die Verlangsamung des weltweiten Wirtschaftswachstums bekommen auch die Schwellenländer zunehmend zu spüren“, sagt Dr. Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa von Atradius.
„Der Handelskonflikt zwischen den USA und China, das Abkühlen der chinesischen Konjunktur sowie eine strengere Geldpolitik seit der zweiten Jahreshälfte 2018 sorgen für Verunsicherung. Es gibt aber auch Märkte, die sich trotz dieser Hemmnisse gut entwickeln und sich durch ein stabiles Wachstum auszeichnen. Hier bestehen weiterhin gute Geschäftsperspektiven für deutsche Unternehmen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass Firmen die ausländischen Märkte gut kennen und sich gegebenenfalls gegen unerwartete Risiken wie Forderungsausfälle absichern.“
Bulgarien: vielversprechender Markt in Osteuropa
Bulgariens Wirtschaft entwickelt sich überdurchschnittlich gut im osteuropäischen Vergleich. Das BIP des Landes steigt in diesem Jahr voraussichtlich um 3,5 Prozent, nachdem es bereits 2018 um 3,3 Prozent zugelegt hat. Der Ausblick bleibt positiv bei steigender Inlandsnachfrage und zunehmenden Investitionen. Ein höheres verfügbares Einkommen lässt auch die Nachfrage nach ausländischen Produkten ansteigen. Chancen ergeben sich für Exporteure vor allem in den Branchen Konsumgüter, Lebensmittel und Getränke, dem Maschinenbau und dem Chemiesektor.
„Bulgarien ist ein vielversprechender Markt mit guten Aussichten. Aufgrund der Geschäftskultur des Landes ist es aber nicht immer einfach für ausländische Unternehmen, erfolgreich in Bulgarien zu wachsen. Unter anderem ist die Korruption in dem Land immer noch ein Problem, auch wenn Reformen bereits eingeleitet wurden. Wir sind seit 2018 mit einem eigenen Büro und einem erfahrenen Team von Risikospezialisten in Sofia präsent, um unsere Kunden optimal vor Ort zu unterstützen“, sagt Langen.
Marokko: BIP-Wachstum von 3,3 Prozent in diesem Jahr erwartet
Aktuellen Prognosen zufolge erhöht sich auch das Wirtschaftswachstum Marokkos in diesem Jahr. Nach 2,8 Prozent in 2018 erwartet das nordafrikanische Land 2019 ein BIP-Plus von 3,3 Prozent. Die Konjunkturaussichten bleiben positiv, was zum Teil auf einen Anstieg der landwirtschaftlichen Produktion sowie auf eine gut funktionierende verarbeitende Industrie zurückzuführen ist.
Auch die politische Situation ist insgesamt relativ stabil und dürfte es in naher Zukunft trotz zuletzt erhöhter sozialer Spannungen auch bleiben. Marokko verzeichnet vor allem ein starkes Wachstum auf dem Markt für erneuerbare Energien. Daneben prosperiert der Tourismussektor. Positiv ist auch die Nachfrageentwicklung bei Anbietern von elektronischen Maschinen und Autoteilen, Bekleidungsproduzenten sowie Düngemittelherstellern.
Asien: Vietnam und Indonesien stechen positiv hervor
In Asien sieht Atradius derzeit Indonesien und Vietnam als vielversprechendste Schwellenländer. Zwar bekommt auch die indonesische Wirtschaft die Abkühlung der chinesischen Konjunktur in Form einer geringeren Auslandsnachfrage zu spüren. Das Land kann den Rückgang der Ausfuhren aber dank seiner starken Inlandsfrage kompensieren. Im Vorfeld der im Frühjahr anstehenden Wahlen wurden zudem die Staatsausgaben erhöht. Dies wirkt sich positiv auf den inländischen Konsum aus. Auch die Auslandsinvestitionen dürften in dem aktuell positiven Geschäftsklima weiterhin stark wachsen. Die chancenreichsten Sektoren für Exporteure sind laut Atradius-Analyse Konsumgüter, Lebensmittel und Getränke, Chemie und Kunststoffe sowie der Maschinenbau.
In Vietnam gibt es aufgrund der steigenden Kaufkraft ebenfalls einen starken Konsumzuwachs. Einen weiteren positiven Impuls für die Konjunktur erwartet das Land zudem vom Abschluss des Freihandelsabkommens mit der Europäischen Union. Obwohl Vietnam vom Handelsstreit zwischen den USA und China erheblich betroffen ist, könnte das Land in gewissem Umfang auch von dem Konflikt profitieren. So könnten Vietnams Textilunternehmen beispielsweise Marktanteile der chinesischen Konkurrenz gewinnen, da sich die Kosten der chinesischen Firmen aufgrund des Handelsstreits mit den USA erhöhen.
Im Lebensmittel- und Getränkebereich gibt es ebenfalls viele Geschäftschancen für ausländische Unternehmen. Hier wird die Nachfrage insbesondere von dem jungen vietnamesischen Bevölkerungsteil getrieben. Weiterhin bietet Vietnams Chemiesektor vor dem Hintergrund zunehmender Bauaktivitäten und Infrastrukturmaßnahmen ebenfalls viel Potenzial.
Peru: Stabile Volkswirtschaft in Südamerika
Peru gilt innerhalb Südamerikas als überdurchschnittlich stabiler Markt mit einer erwarteten BIP-Wachstumsrate von rund vier Prozent in diesem Jahr. Die Regierung verfolgt eine insgesamt unternehmensfreundliche Politik, obwohl die Fortschritte bei den strukturellen Wirtschaftsreformen relativ langsam sind. Große Wachstumsaussichten bietet derzeit die peruanische Grundstoffindustrie.
Die allgemeinen Exportmöglichkeiten nach Peru werden durch die liberale Handelspolitik des Landes unterstützt. Dies hilft dem Andenstaat auch, seine Anfälligkeit bei Rohstoffpreisschwankungen zu verringern. Peru hat Handelsabkommen unter anderem mit den USA, der EU, China sowie den Mercosur-Staaten geschlossen, die die Entwicklung des Landes ebenfalls positiv beeinflussen. (fm)
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