Die Gesamtsumme der Geldanlagen, die in Deutschland unter Berücksichtigung von strengen umweltbezogenen, sozialen und auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung bezogenen Kriterien angelegt sind, ist 2020 um 25 Prozent gestiegen und erreichte zum Jahresende 2020 ein neues Rekordvolumen von 335,3 Milliarden Euro.
Insbesondere nachhaltige Investmentfonds verzeichneten deutliche Zuflüsse und lagen mit einem Volumen von 107,0 Milliarden Euro um rund 69 Prozent über dem Vorjahreswert. Berücksichtigt man zudem die Kapitalanlagen, für die Nachhaltigkeitskriterien auf Unternehmensebene verankert sind, ergibt sich zum 31. Dezember 2020 eine Gesamtsumme von rund 1,93 Billionen Euro für verantwortliche Investments in Deutschland. Dies sind die zentralen Ergebnisse des Marktberichts 2021, den das FNG – Forum Nachhaltige Geldanlagen heute der Öffentlichkeit vorstellt.
Privatanlegerinnen und Privatanleger bauen Marktanteil bei nachhaltigen Fonds und Mandaten deutlich aus
Wie 2019 haben Privatanleger auch im Berichtsjahr ihr Engagement im Bereich der Nachhaltigen Geldanlage deutlich gesteigert. Insgesamt 39,8 Milliarden Euro investierten sie in nachhaltige Fonds und Mandate – 21,4 Milliarden Euro mehr als zum Jahresende 2019. Dieses Wachstum um 117 Prozent führt dazu, dass private Anlegerinnen und Anleger nun rund 18 Prozent der in Deutschland in nachhaltige Fonds und Mandate investierten Gelder halten.
Auch aus den Reihen der institutionellen Anleger floss im Berichtsjahr weiteres Kapital in nachhaltige Fonds und Mandate. Mit insgesamt 184,3 Milliarden Euro lagen ihre entsprechenden Kapitalanlagen um gut 19 Prozent über dem Vorjahresstand. Aufgrund der deutlich höheren Wachstumsrate bei den Privatanleger sank der Marktanteil der institutionellen Investorinnen und Investoren auf 82 Prozent.
Nachhaltige Kapitalanlagen legen um 25 Prozent zu, nachhaltige Fonds sogar um 69 Prozent
Ende 2020 wurden rund 141,3 Milliarden Euro in nachhaltige Mandate und 107,0 Milliarden Euro in nachhaltige Investmentfonds investiert. Die Mandate konnten damit im Jahresvergleich um rund 17 Prozent zulegen, die Fonds sogar um 69 Prozent. Insgesamt lag das Volumen in diesen beiden Anlageklassen um 35 Prozent über dem Vorjahr. Ein großer Teil des Wachstums basiert dabei auf Nettozuflüssen in entsprechende Anlageprodukte.
Berücksichtigt man zusätzlich die Kundeneinlagen der insgesamt 15 im Marktbericht erfassten Spezialbanken mit Nachhaltigkeitsfokus (43,1 Milliarden Euro) sowie die Eigenanlagen, die von Banken unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien verwaltet werden (44,7 Milliarden Euro), ergibt sich für die Nachhaltige Geldanlage in Deutschland ein Gesamtvolumen von 335,3 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahr ist das Volumen um rund 25 Prozent gestiegen.
Ausschlusskriterien bei Fonds und Mandaten weit verbreitet – Best-in-Class-Ansatz legt deutlich zu
Die Nutzung von Ausschlusskriterien bildet für Anleger aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten zur Auswahl und Operationalisierung der Kriterien ein zentrales Instrument zur Umsetzung individueller Nachhaltigkeitsstrategien. Vor diesem Hintergrund haben Ausschlüsse bei der Nachhaltigen Geldanlage weiterhin eine hohe Bedeutung. 93 Prozent aller im Rahmen des Marktberichts erfassten Fonds und Mandate nutzen Ausschlusskriterien, um besonders kontroverse Emittenten vom Investment auszuschließen.
Besonders häufig werden dabei Unternehmen ausgeschlossen, die gegen anerkannte Menschenrechte und Arbeitsstandards verstoßen oder in Korruption und Bestechung verwickelt sind. An Bedeutung hat im Vergleich zum Vorjahr der Ausschluss von Unternehmen gewonnen, die Kohle fördern oder verstromen; dieses Ausschlusskriterium kletterte auf Platz 3 der Top-10-Liste. Erstmals in den Top 5 landete der Ausschluss von Tabakunternehmen.
Mit Blick auf die weiteren nachhaltigen Anlagestrategien sind insbesondere deutliche Zunahmen des beeinflussten Kapitals bei der Stimmrechtsausübung und beim Best-in-Class-Ansatz hervorzuheben. So stieg das nachhaltig angelegte Kapital in Fonds und Mandaten, das unter Nutzung des Best-in-Class-Ansatzes verwaltet wird, um 67 Prozent auf 160,4 Milliarden Euro, bei der Stimmrechtsausübung sogar um 97 Prozent auf 175,0 Milliarden Euro.
Verantwortliche Investments steigen auf über 1,9 Billionen Euro
Wie die Nachhaltigen Geldanlagen erklommen auch die verantwortlichen Investments im Jahr 2020 einen neuen Höchststand und erreichten per Ende 2020 ein Volumen von rund 1,93 Billionen Euro (Vorjahr: 1,64). Zum Vergleich: Wäre das verantwortliche Investment ein Staat, käme es nach Deutschland und Frankreich auf Rang 3 der größten Volkswirtschaften in der EU. In die Berechnung der verantwortlichen Investments fließen neben den Nachhaltigen Geldanlagen auch solche Kapitalanlagen ein, bei denen Nachhaltigkeitskriterien nicht auf Produktebene für einzelne Fonds oder Mandate definiert werden, sondern auf übergeordneter Unternehmensebene für alle Kapitalanlagen berücksichtigt werden.
Zentrales Instrument beim verantwortlichen Investment ist ESG-Integration, d. h. die Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien in den Investmentprozess. In der Folge werden entsprechende Kriterien nicht ausschließlich für spezifisch nachhaltige Mandate oder Fonds berücksichtigt, sondern fließen auch in Anlageentscheidungen für konventionelle Fonds ein. Zweitwichtigste Anlagestrategie im Rahmen des verantwortlichen Investments ist das Engagement, also die Nutzung der Stimmrechte sowie der direkte Dialog mit den Unternehmen. Dieser Ansatz wird auf rund zwei Drittel der verantwortlichen Investments angewendet.
Weiteres Wachstum erwartet – Institutionelle Investor*innen und Regulierung sind wichtigste Treiber
Für das laufende Jahr erwarten alle im Rahmen des Marktberichts befragten Expertinnen und Experten ein weiteres Wachstum des nachhaltigen Kapitalmarktes. Rund jeder Vierte (29 Prozent) rechnet dabei mit einem Wachstum von bis zu 15 Prozent. 36 Prozent erwarten Wachstumsraten zwischen 15 und 30 Prozent, 35 Prozent sogar von mehr als 30 Prozent.
Schlüsselfaktoren für die weitere Entwicklung des nachhaltigen Kapitalmarktes sind nach Einschätzung der Befragten die Nachfrage der institutionellen Investoren, Änderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen, verstärkte Marketingaktivitäten sowie die steigende Reputation dieser Anlageform. Auch das weiter steigende Interesse der Privatanleger wird nach Einschätzung der Experten zum Wachstum des Marktes beitragen.
Im Rahmen des EU-Aktionsplan Finanzierung nachhaltigen Wachstums sind bereits verschiedene Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Marktes umgesetzt worden, unter anderem die Einführung der ersten Vorgaben der Offenlegungsverordnung im März dieses Jahres. Weitere Impulse erwartet das FNG insbesondere von der Einführung der ESG-Präferenzabfrage im Oktober 2022.