Die größte Herausforderung für Anleger

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Unerwartete Kursstürze, verfallende Rohstoffpreise, Lockdown-verursachende Pandemien oder politisch unsichere Zeiten – viele Investoren dürften solche oder ähnliche Ereignisse als große Herausforderung bezeichnen. Der schlimmste Feind des Anlegers ist jedoch ein anderer – er selbst. Zu dieser Einschätzung kam Benjamin Graham, der Urvater des Value-Investing, vor über 70 Jahren.

„Grahams Analyse, dass das Hauptproblem des Anlegers, und sogar sein schlimmster Feind, wahrscheinlich er selbst ist, ist heute aktueller denn je“, sagt Michael Blümke, Senior Portfolio Manager bei Ethenea. Verzerrungen in der eigenen Wahrnehmung und Einschätzung – auch Bias genannt – stellten Investoren auf der ganzen Welt immer wieder vor die Herausforderung, Investmententscheidungen zu treffen und dabei Bias möglichst zu vermeiden.

„Ein Investment, das ich aufgrund einer verzerrten Einschätzung tätige, ist oft ein schlechtes Investment.“ Um dies zu vermeiden, müssten sich Anleger ihres Bias bewusst sein und so möglichst versuchen, diesen zu neutralisieren.

Häufige Verzerrungen: Der Confirmation und der Hindsight Bias

„Grundsätzlich wird zwischen kognitiven und emotionalen Biases unterschieden“, erklärt Blümke. Kognitive Verzerrungen entstünden, wenn Anleger auf vermeintlich etablierte Konzepte bauten, jedoch Statistikfehler oder Ungenauigkeiten während der Informationsverarbeitung oder -speicherung ignorierten. Dem stehe der emotionale Bias gegenüber, der meist spontan auftrete und auf den persönlichen Gefühlen zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung basiere.

Zwei der bekanntesten kognitiven Biases seien der Confirmation Bias (Bestätigungsfehler) und der Hindsight Bias (Rückschaufehler). „Der Bestätigungsfehler tritt ein, wenn Menschen Informationen so auswählen und interpretieren, dass die bereits bestehende eigene Meinung bestätigt wird“, sagt Experte Blümke.

Das sei besonders im Investmentbereich gefährlich. Anleger suchten dann nur noch nach Studien und Kennzahlen, die ihre eigene Investmentthese untermauern und ließen anderslautende Faktoren außer Acht. Im Resultat führe der Confirmation Bias zu schlechten Entscheidungen, da nicht alle Sichtweisen gegeneinander abgewogen würden.

„Der Rückschaufehler führt hingegen dazu, dass mit dem Wissen um dem Ausgang vergangener Ereignisse die Fähigkeit überschätzt wird, zukünftige Ereignisse vorherzusagen“, sagt Blümke. „Das kann den Blick in die Zukunft trüben.“ Der Hindsight Bias könne so zu schlechten Entscheidungen oder zu unbedachten Risiken führen, da die ursächlichen Umstände und Gründe des zu prognostizierenden Ereignisses nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.

Verluste wiegen schwerer als Gewinne

Einer der wichtigsten emotionalen Bias, die Anleger nach Ethenea-Experte Blümke kennen sollten, ist der Verlustaversions-Bias. „Dieser lässt Anleger nachweislich irrationale Entscheidungen treffen“, sagt Blümke und verweist auf die Verhaltensökonomen Daniel Kahneman und Amos Tversky. Im Rahmen ihrer Prospect Theory konnten die beiden nachweisen, dass für Menschen Verluste ein höheres Gewicht haben als Gewinne gleicher Höhe.

„Dies führt dazu, dass Anleger bei Gewinnen risikoavers handeln, also diese zu früh realisieren, und bei Verlusten risikoaffin agieren, also diese zu lange laufen lassen“, sagt Blümke. Steht ein Investor vor einem Verlust von 100 Euro, nimmt er seine Reue viel stärker wahr als seine Freude bei einem Gewinn von 100 Euro. „Obwohl es sich wirtschaftlich betrachtet um den gleichen Betrag handelt, erlebt der Anleger den Vorgang unterschiedlich“, sagt Blümke.

Regeln, Dokumentationen und objektive Strategien

Um die wichtigen Biases im Investitionsprozess zu umgehen, rät Blümke vor allem zu klaren Regeln, einer gründlichen Dokumentation und einer objektiven Strategie. „Investoren sollten eine Vorstellung von Positionsgrößen, Risikobudgets und Diversifikation haben“, sagt er. Anleger sollten sich nicht in ihre Investitionen verlieben und sich auch gegenteilige Meinungen anhören. „Verluste sollten in schwierigen Börsenphasen – am besten nach einem vorher definierten Regelsystem – konsequent begrenzt werden.“

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