Die abschlagsfreie Rente mit 63 zerstört auch die deutsche Glaubwürdigkeit bei der Bewältigung der Eurokrise. Man kann nicht Frankreich und südeuropäischen „Fußkranken“ Wasser predigen und selbst Wein trinken.
Das macht auch eine vom Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA) jüngst veröffentlichte und beim Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) in Auftrag gegebene vergleichende Studie über die Zukunftsfestigkeit der europäischen Sozialsysteme deutlich.
Kein „gutes Signal für die EU-Krisenländer“
Die Autoren dieses Gutachtens plädieren für die Koppelung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung. Damit würde die Erwerbsphase automatisch mit der steigenden Lebenserwartung verlängert, die Ruhestandsphase hingegen bliebe gleich.
Die schrittweise Anhebung des Regelrenteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre sei in den nächsten zwei Jahrzehnten ein Lösungsansatz, im Trend steige die fernere Lebenserwartung in Deutschland aber um mehr als 1,5 Monate pro Jahr, angehoben wird die Altersgrenze im Durchschnitt um 1,3 Monate.
„Koppelt man das Rentenalter an die Lebenserwartung, so hat man einen automatischen Mechanismus und spart sich dabei Debatten im Rhythmus der Wahljahre. Das wäre auch für Deutschland hilfreich“ heißt es in der Studie.
Kein „gutes Signal für die EU-Krisenländer“ ist die Rente mit 63 auch nach Ansicht der Bertelsmann-Stiftung, die Deutschland in einer internationalen Vergleichsstudie zur Generationengerechtigkeit ein schlechtes Attest ausstellt. Statt das Rentensystem demographiefester zu machen, sollten heutige und künftige Beitragszahler zusätzlich belastet werden. Dies sei ein Irrweg.
„Generationenverrat“ nur in eine Richtung ?
Als der junge CDU-Abgeordnete Philipp Mißfelder vor Jahren die Kassenfinanzierung von künstlichen Hüften und Zahnprothesen für 85-jährige kritisierte und vom „Generationenverrat“ in der Solidargemeinschaft sprach, gab es einen Sturm der Entrüstung.
Ihm wurde Volksverhetzung vorgeworfen, es hagelte Strafanzeigen, der um seine Karriere besorgte Nachwuchspolitiker ging sofort in Deckung. Die Lobby der Alten im Lande des „Super-Agers“ Bundesrepublik – mehr als 20 Prozent sind über 65 Jahre alt – ist so groß, dass das Wort vom „Generationenverrat“ niemand mehr in den Mund zu nehmen wagt. Den Kampfgeist der alten „Struktur-Bewahrer“ scheinen die Jungen nicht zu haben.
Autor Prof. Dieter Weirich ist neben Klaus Morgenstern Sprecher des Deutschen Instituts für Altersvorsorge in Berlin.
Foto: DIA