In Großbritannien ist ein Referendum über den Verbleib in der Europäischen Union geplant. Werden die Briten der EU den Rücken kehren? Cash. befragte Professor Dr. Michael Bräuninger, Leiter des Analyseunternehmens Economic Trends Research, Hamburg, zu den möglichen Folgen.
Cash.: Für wie wahrscheinlich halten Sie das Szenario, dass die Briten die Europäische Union verlassen, auch „Brexit“ genannt?
Bräuninger: Die Kosten eines Brexits wären insbesondere für Großbritannien sehr hoch. Ich glaube, diese Erkenntnis wird sich dort durchsetzen und die Briten werden gegen einen Austritt stimmen. Insbesondere die Industrie und die Finanzbranche werden sich noch deutlicher für Europa positionieren.
Welche Auswirkungen hätte ein Austritt auf die Wirtschaft Großbritanniens und der EU?
Die Folgen eines Brexits sind stark von den nach dem Austritt getroffenen Regelungen abhängig. Würden die Grenzen von und nach Großbritannien beidseitig offen gehalten, würde sich vielleicht nicht so viel ändern. In diesem Fall würde sich Großbritannien so verhalten als ob es Mitglied der EU sei: Wegfallen würden im Wesentlichen die britischen Zahlungen in die EU und die Transfers der EU nach Großbritannien. Da Großbritannien in der EU ein Nettozahler ist, würde sich hier für die Briten ein gewisser Gewinn ergeben. Dafür müssten sie aber den von der EU vorgegebenen Regeln folgen ohne bei deren Festlegung mitsprechen zu können.
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Und falls die Grenzen nicht durchlässig bleiben?
Sollten die Briten ihrerseits die EU-Regeln ablehnen und ihre Grenzen gegenüber Waren oder EU-Bürgern abschotten, würden sicherlich Gegenmaßnahmen der EU erfolgen. Eine Abschottung der Grenzen führt grundsätzlich zu Wohlfahrtsverlusten; diese können aber sehr unterschiedlich über die Regionen verteilt sein. Großbritannien ist das drittgrößte Mitgliedsland der EU in dem etwa ein Achtel (12,5 Prozent) der EU-Bevölkerung lebt. Insofern würde der EU-Handelsraum deutlich kleiner.
Seite zwei: Wie würden die Folgen für das Land selbst aussehen?