In dem zweiten Teil des Cash.-Interviews mit Professor Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), spricht er über die Notwendigkeit, die Europäische Union zu reformieren.
Cash.: Griechenland ist noch längst nicht über den Berg. Was muss dort passieren, was muss sich innerhalb der Eurozone verändern?
Fratzscher: In Deutschland gibt es die Erwartung, dass wir gemeinsame Regeln haben, um Länder wie Griechenland, Irland oder Portugal ausschließen zu können. Grundsätzlich ist eine solche Erwartungshaltung richtig und nachvollziehbar. Dennoch wird man eine Krise nie ausschließen können. Man wird auch einen Regelbruch nie ausschließen können. Was mich an der Diskussion in Deutschland stört, ist das Argument, die anderen Europäer hielten sich nicht an unsere gemeinsamen Regeln. Aber nur uns Deutschen sei das wichtig. Ich glaube, es ist für alle wichtig. Wir Deutschen sind diesbezüglich etwas engstirnig und überheblich.
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Für mich sind zwei Punkte wichtig; Zum einen dürfen wir nicht vergessen, dass wir die Ersten waren, die den Stabilitäts- und Wachstumspakt in 2002/2003 gebrochen haben. Allerdings haben wir damals keine Strafen für den Regelbruch und auch keinerlei Sanktionen akzeptiert, mit dem Hinweis auf die harten Reformen und die Agenda 2010, die wir umgesetzt hatten. Das häufig gebrauchte Argument: In einer Wirtschaftskrise muss es erlaubt sein, kurzfristig fiskalisch über die Stränge zu schlagen. Und das Zweite betrifft unseren eigenen Föderalismus. Selbst innerhalb Deutschlands sehen wir bei den Gebietskörperschaften, dass unsere eigenen gemeinsamen Regeln nicht so funktionieren wie geplant. Aber niemand hinterfragt deshalb das Prinzip des föderalen Systems oder die Sinnhaftigkeit, eine gemeinsame Währung in Deutschland zu haben. Ein wenig trifft dies auch auf Europa zu. Wir müssen Vertrauen haben, dass alle das gleiche Ziel haben, nämlich Stabilität, Wachstum, Konvergenz, dass man zusammenwächst und daraus den vollen Nutzen ziehen kann.
Seite zwei: „Installierung eines europäischen Finanzministers“