Es gibt drei Szenarien, wie der Handelsstreit weiter geht. Gleich welches dieser Szenarien eintritt – der US-Dollar profitiert davon. Warum es keine andere Möglichkeit gibt.
Ein Kommentar von Seema Shah, Senior Global Investment Strategist bei Principal Global Investors.
Ermutigt von starkem US-Wirtschaftswachstum und Aktienmärkten hat Präsident Trump seine Drohung wahr gemacht und die Zölle auf chinesische Importe in die USA angehoben.
Da die Finanzmärkte eigentlich in Erwartung eines Handelsabkommens zwischen Washington und Peking einen Wegfall der Zölle nahezu vollständig eingepreist hatten, waren diese Neuigkeiten ein Schock.
Der S&P 500 ist seit gestern um über zwei Prozent seiner April-Höchststände gefallen; Europas Stoxx 600 fiel um etwa vier Prozent auf das Niveau von Anfang März. Die asiatische Währungen bewegten sich auf dem schwächsten Level seit Januar, während sich die Aktienmärkte der Region auf Talfahrt begaben.
Handelszölle werde fester Bestandteil
Auch wenn weiterhin die Möglichkeit einer Einigung zwischen beiden Seiten besteht: Die jüngsten Kursentwicklungen reichen sicherlich nicht aus, nachdem sich die Abwärtsrisiken für das Wirtschaftswachstum – insbesondere in Asien und Europa – deutlich vergrößert haben.
Der Einsatz von Handelszöllen ist nun wohl ein fester Bestandteil des Werkzeugkastens politischer Entscheidungsträger geworden. Ohne eine mögliche Lösung wird daher diese Gefahr für einen längeren Zeitraum auf den Märkten lasten.
Keines der beiden Länder strebt einen langen Handelskrieg an, der das Wirtschaftswachstum unterminiert. Allerdings haben chinesische Regierungsvertreter bereits verlauten lassen, dass sie keine Wahl hätten und Gegenmaßnahmen einleiten werden.
Mehr Schein als Sein?
Präsident Xi möchte den Eindruck vermeiden, dass China dem Druck der USA nachgibt. Im Gegenzug gibt es in der US-Regierung vermehrt kritische Stimmen, die der Meinung sind, dass Trump nicht ausreichend Zugeständnisse von Peking erreiche.
Beide Seiten haben also Gründe für ihr hartes Vorgehen, zumindest bis eine deutliche Reaktion der Märkte sie zu einem Abkommen bewegt. In der Zwischenzeit werden die Verzögerung, die erhöhten Spannungen, die zusätzliche Unsicherheit sowie ein möglicher Komplettzusammenbruch der Gespräche sehr beunruhigend für Investoren sein.
Die Stärkung des US-Dollars ist eine wahrscheinliche Folge dieser Entwicklung, da die Investoren unweigerlich seine wahrgenommene Sicherheit folgen. Ein weiterer klassischer, sicherer Hafen – der japanische Yen –, hat bereits deutlich an Wert zugelegt.
Eine Alternative zum Anstieg des US-Dollars ist unwahrscheinlich
Der US-Dollar würde auch dann einen Aufwärtsdruck verspüren, wenn die chinesische Regierung ihre Konjunkturmaßnahmen verstärkt, um die Auswirkungen der Handelszölle abzuschwächen.
Zu beachten ist hierbei, dass die People’s Bank of China (PBC) zwar eine weitere Abwertung des Yuan tolerieren wird, aber davor zurückschreckt, es als Vergeltungsmittel einzusetzen. Das würde nicht nur den Zorn Präsident Trumps nach sich ziehen.
Eine schwächere Währung würde zudem riskieren, Kapitalabflüsse auszulösen und so die Bemühungen Chinas beeinträchtigen, seine Wirtschaft zu öffnen.
China fokussiert den eigenen Aufschwung weiter
In diesem Szenario wird der Technologiesektor aller Voraussicht nach am stärksten die Auswirkungen spüren. Rund 60 Prozent der Umsätze im S&P 500 Tech Sector erfolgen außerhalb der USA. Der Sektor ist mit diesem Anteil am stärksten auf globales Wachstum angewiesen.
Darüber hinaus dominiert unter den chinesischen Gütern, die bisher von US-Einfuhrzöllen nicht berührt werden, die Unterhaltungselektronik, vor allem Mobiltelefone und Computerhardware.
Defensive Sektoren wie Immobilien, Versicherungen, Telekommunikation und Versorgungsunternehmen können vergleichsweise besser abschneiden. Sie erzielen nur wenige Einnahmen außerhalb der USA.
Steigt die Nachfrage nach Risikoanleihen?
Trotz aller Schwächen von Risikoanlagen besteht weiterhin eine Wahrnehmung für einen schlussendlichen Durchbruch dieser Assetklasse. Es gibt eine Vielzahl von Investoren, die Anfang 2019 nicht auf den Zug dieses Investmentansatzes mit aufgesprungen sind.
Sie stehen nun an der Seitenlinie und suchen nach Anlagemöglichkeiten. Risikoanlagen werden wahrscheinlich in den kommenden Wochen noch zu kämpfen haben, doch es wird auch interessierte Käufer geben.