Es ist verständlich, wenn bei den ersten AIF-Prospekten die Anforderungen der BaFin im Vordergrund standen. Nun muss sich die Branche jedoch konstruktiv auch mit dem Entwurf für die Neufassung des IDW S4 befassen, der seit über einem Jahr vorliegt. Er ist in der Tat in vielen Bereichen noch nicht ausgereift. Die Zielsetzung, weiterhin ein hohes Informationsniveau aufrecht zu halten, ist jedoch grundsätzlich richtig und notwendig.
Rolle als Underdog abstreifen
Ein hoher, einheitlicher Prospektstandard kann nicht nur das Vertrauen des Vertriebs in die Produkte weiter erhöhen. Er kann vielleicht auch dazu beitragen, dass die Branche die selbst auferlegte Rolle als Underdog in der neuen Welt abstreift.
Schließlich könnten die KVGen dort mit Fug und Recht auch ganz anders aufschlagen als bisher: WIR sind diejenigen, die sich mit Sachwertanlagen am besten auskennen. WIR sind diejenigen, die in diesem Marktsegment weiterhin die Standards setzen. Und IHR, liebe Kollegen aus der etablierten und etwas angestaubten Investmentwelt, IHR müsst euch verdammt lang machen, wenn ihr bei UNS mithalten wollt. Sonst schnappen wir euch die Kunden weg.
Das mag manchem vielleicht etwas offensiv erscheinen, dem Image der Branche würde ein solches Auftreten aber sicherlich nicht schaden. Viel schlechter kann es ohnehin kaum werden – jedenfalls dann nicht, wenn man die offensichtlich noch vorherrschende Selbst-Wahrnehmung zugrunde legt.
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Keiner kann Sachwertanlagen besser
Ein Letztes noch: Warum wohl stellt ein führendes Immobilienunternehmen wie Patrizia für den geplanten Einstieg in den Markt der geschlossenen AIF nicht einen Trupp von Investmentbankern ein, sondern Andreas Heibrock und ein ganzes Team weiterer Mitarbeiter von Real I.S., also von einem langjährigen Anbieter geschlossener Fonds? Weil dessen Marktumfeld so schmuddelig und unseriös war, sicher nicht.
Vielmehr werden die Patrizia-Bosse überzeugt sein: Die neuen Kollegen wissen am besten, wie man geschlossene Sachwertanlagen richtig konzipiert, verpackt und an die Anleger bringt. Viel besser als die Bewerber aus der bisherigen Investmentbranche mit ihren anonymen Kapitalsammelstellen und den blutleeren Prospekten.
Und das gilt sicherlich nicht nur für die Leute von Real I.S., sondern für alle AIF-Anbieter, die das Stahlbad der letzten Jahre erfolgreich überstanden haben: Keiner kann Sachwertanlagen besser. Liebe Initiatoren, legt jetzt den Schalter um und macht Euch endlich wieder groß!
Stefan Löwer ist Chefanalyst von G.U.B. Analyse. Er beobachtet die Branche und ihre Produkte als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst insgesamt bereits seit mehr als 20 Jahren. G.U.B. Analyse ist eine Marke des Deutschen Finanzdienstleistungs-Instituts (DFI), das wie Cash. zu der Cash.Medien AG gehört.
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