Der Klimavest „ist damit auch das erste beratungspflichtige Anlageprodukt, dessen Anteile komplett digital, das heißt ohne persönliches Gespräch mit einem Anlageberater, erworben werden können“, heißt es in einer Mitteilung von Commerz Real. Die Anteile können demnach über alle größeren Banken, Sparkassen und Anlageplattformen in das eigene Depot eingebucht werden.
Kooperationspartner der Commerzbank-Tochter Commerz Real bei dem digitalen Service sind die Spezialdienstleister CP Capital Pioneers für die digitale Anlageberatung und Xpecto für die Bereitstellung der notwendigen IT-Struktur. Capital Pioneers ist ein digitaler Vertrieb für alternative Investmentfonds (AIFs) und Vermögensanlagen. Das Unternehmen verfügt über eine Zulassung nach Paragraf 34f Gewerbeordnung und gehört seit Ende 2019 zu der Fondsbörse Deutschland, die über ihre eigene Plattform und ihre Tochtergesellschaft Deutsche Zweitmarkt AG seit vielen Jahren den Zweitmarkt für geschlossene Fonds dominiert. Xpecto ist ein auf Sachwertanlagen spezialisierter IT-Dienstleister, der nach eigenen Angaben bereits Online-Zeichnungsstrecken für eine Vielzahl von Sachwert-Anbietern eingerichtet hat.
13 Dokumente mit insgesamt 133 Seiten
„Die technische Umsetzung war eine spannende Herausforderung für uns“, kommentiert Harald Elsperger, Gründer und Vorstand von Xpecto. „Die neu entwickelte IT-Infrastruktur wollen wir nun auf andere Produkte ausweiten, denn die volldigitale Fondszeichnung wird langfristig eine wichtige Vertriebssäule darstellen“. Und Torsten Filenius, Geschäftsführer von CP Capital Pioneers, ergänzt: „Seit Jahren sehen wir eine steigende Anlegernachfrage nach transparent und verständlich aufbereiteten Zeichnungswegen im Sachwerte-Segment.“
Der digitale Zeichnungsprozess für den Klimavest besteht aus zwei Schritten mit zwölf Teilschritten inklusive Geeigentheitsprüfung und Angaben zur persönlichen Vermögens- und Einkommenssituation. Bei vollständiger Zeichnung erhalten die Anleger 13 Dokumente mit insgesamt 133 Seiten sowie sieben E-Mails.
Die Komplexität des Beratungs- und Zeichnungsprozesses resultiert zum Teil auch aus den speziellen Vorschriften für ELTIFs. Dabei handelt es sich um ein noch recht neues europäisches Vehikel für bestimmte Sachwertinvestitionen, insbesondere in den Assetklassen Infrastruktur und Private Equity. Unter anderem schreibt die europäische ELTIF-Verordnung vor, dass die Anleger mindestens 10.000 Euro investieren müssen und die Summe maximal zehn Prozent des liquiden Vermögens ausmachen darf. Die Anleger müssen also – ohne die Berücksichtigung von Immobilien – mindestens 100.000 Euro auf der hohen Kante haben, um überhaupt in einen ELTIF investieren zu dürfen.
„Offener Fonds“
Als Vorteile gegenüber einem Publikums-AIF nannte Dirk Drews, Leiter Vertrieb der Commerz Real, in dem Pressegespräch insbesondere, dass ELTIF-Anteile eine Wertpapierkennummer haben, direkt auf dem Kundendepot eingebucht werden, täglich ein Wert festgestellt wird und sie bis zu einem Wert von 500.000 Euro pro Anleger grundsätzlich ohne Kündigungsfrist zurückgegeben werden können. Die Anteile an dem „offenen Fonds“ können „börsentäglich zum Nettoinventarwert zurückgegeben werden“, heißt es auch in der schriftlichen Mitteilung von Commerz Real.
Allerdings ist die Rückgabe laut ELTIF-Verordnung auf 50 Prozent der kurzfristig verfügbaren Finanzmittel des Fonds beschränkt. Wenn mehr Anleger gleichzeitig an ihr Geld wollen, muss die Rücknahme reduziert oder ausgesetzt werden. Laut Drews hat Commerz Real umfangreiche Vorkehrungen getroffen, damit dieser Fall möglichst nicht eintritt. Unter anderem erfolge der Vertieb des Klimavest nur an Privatanlager. Diese haben sich auch bei der Krise der offenen Immobilienfonds vor einigen Jahren als wesentlich stabiler erwiesen als institutionelle Investoren.
Investitionen von „mindestens“ 25 Milliarden Euro
Den „Klimavest“ hat Commerz Real im November 2020 aufgelegt und seitdem nach eigenen Angaben bereits 350 Millionen Euro eingeworben. Während seiner Laufzeit soll er nach Angaben der Commerz Real ein Portfolio aus Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien sowie nachhaltiger Infrastruktur, Mobilität und Forstwirtschaft im Wert von insgesamt „mindestens“ 25 Milliarden Euro aufbauen, davon etwa zehn Milliarden Euro Eigenkapital.
Der Vertrieb erfolgte bislang über die Commerzbank-Filialen und nun auch über Capital Pioneers. Ob und wie weitere 34f-Vermittler – als Untervermittler von Capital Pioneers oder direkt bei Commerz Real – angebunden werden sollen, steht nach den Worten von Torsten Filenius sowie von Kirsten Unkelbach, Sales Managerin im Digital Marketing der Commerz Real und Leiterin des Projektes der digitalen Zeichnungsstrecke, noch nicht fest. Grundsätzlich bestehe auf Basis der Technik aber auch die Möglichkeit von „White-Label-Lösungen“. Die Commerz Real betont, dass sie „die digitale Zeichnung aber ausdrücklich nicht als Ersatz für die bisherigen Vertriebskanäle, sondern eher als strategische Ergänzung“ sieht.