Sicherlich ist es notwendig, bestimmte Geschäfte zu beschränken. Dazu zählen vor allem Transaktionen ohne reale Unterlegung, die aus dem Nichts gewaltige Volumina und damit enorme Marktverwerfungen produzieren können. Ungedeckte Leerverkäufe etwa – also der Verkauf von Aktien, die man (noch) gar nicht besitzt – oder Ausfallversicherungen für Kredite und Anleihen, ohne diese überhaupt eingegangen zu sein, sind nichts weiter als Wetten und damit Glücksspiel.
Es ist richtig, dass Deutschland dieses Kasino zunächst im Alleingang geschlossen hat und nun auch bei den Ratings vorprescht. Wirklich helfen werden aber nur internationale Regelungen, die vor allem darauf abzielen, Massentrends und prozyklische Multiplikatoren zu verhindern, die das gesamte System gefährden. Solche Vorschriften sind jedoch in weiter Ferne.
Bisher zielt die Regulierung – auch die aktuellen Vorhaben wie etwa die Brüsseler Richtlinie AIFM – hauptsächlich auf die Stabilität einzelner Akteure sowie deren Kontrolle durch staatliche Aufseher ab. Das hilft jedoch nicht weiter und kann für die Finanzmarktstabilität insgesamt sogar kontraproduktiv sein.
Denn das enge Korsett der staatlichen Vorschriften führt schon jetzt dazu, dass sich viele bedeutende Akteure gleichartig verhalten müssen. Ob die „Solvency“-Bestimmungen für Versicherer oder die „Basel II“-Richtlinien für Banken: In der Krise müssen alle in die selbe Richtung marschieren und treiben sich auf dem Weg in den Abgrund noch gegenseitig an.
Dürften die Manager hingegen gelegentlich ihren Sachverstand einschalten und nicht nur das Gesetzbuch aufschlagen, erhöhte sich zwar unter Umständen das Risiko von Fehlentscheidungen im Einzelfall. Aber die unterschiedlichen Ergebnisse der Überlegungen der einzelnen Akteure könnten ausgleichend auf den Markt wirken.
Das gilt auch für die Ratings, die sie heranziehen. Wenn die Manager sich an jenen Ratings und Methoden orientieren dürften, die sie für die sachgerechtesten halten, statt die gesetzlich vorgeschriebenen verwenden zu müssen, wäre der Herdentrieb wohl weitaus geringer.
So hätte vielleicht der eine oder andere Versicherungsmanager vor einem Monat mit seinen Milliarden gerne griechische Anleihen für sechs oder acht Prozent Rendite gekauft und damit eventuell auch den Markt stabilisiert. Er durfte aber womöglich nicht.
Daran ändert sich übrigens vorläufig nichts. Die BaFin verlangt zwar keine Notverkäufe von den Versicherern. Zukäufe bei Überschreiten der „High-Yield-Quote“ sind aber weiterhin nicht gestattet. Insofern ist der Rating-Spuk noch lange nicht vorbei.
Stefan Löwer ist Chefanalyst der G.U.B., Deutschlands ältester Ratingagentur für geschlossene Fonds, und begleitet den Themenbereich geschlossene Fonds in der gesamten Cash.-Unternehmensgruppe. Als Cash.-Redakteur und G.U.B.-Analyst beobachtet Löwer die Branche und ihre Produkte insgesamt bereits seit mehr als 15 Jahren.
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