Cash.: Wie hat sich der Bereich Private Krankenversicherung bei der Hallesche entwickelt?
Kettnaker: Die Hallesche wird das 2009er-Ergebnis beim Überschuss – also 116 Millionen Euro – im Jahr 2010 übertreffen. Im Neugeschäft sind wir allerdings hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Das ist sicherlich auch darin begründet, dass wir als einer der ersten Versicherer gewisse Qualitätsmaßstäbe an das Krankenversicherungsgeschäft angelegt haben.
Cash.: Welche Maßnahmen genau sind das?
Kettnaker: In unseren Steuerungsinstrumenten finden sich heute Elemente wie die Bestandsstornoquote aus den letzten fünf Jahren und die Beitragsrückstandsquote. Letztere bildet sozusagen das Gefahrenpotenzial für zukünftige Basistarifkandidaten ab. Die Bestandsstornoquote zeigt die Qualität des Geschäfts – auch was die Kundenklientel angeht. Wir mussten in der Fünfjahresbetrachtung allerdings auch erkennen, dass es offenkundig zielgerichtete Strategie einiger Vertriebe ist, alle zwei oder drei Jahre nach Ablauf der Provisionshaftung den Bestand umzudecken. Solche Vertriebe wollen wir nicht – wir werden dieses Geschäft eliminieren. Wir wollen auch keine Kundenklientel, die hohe Beitragsrückstände aufweist. So haben wir zum Jahreswechsel in Zusammenarbeit mit der Schufa auch ein Scoring zur zukunftsgerichteten Bonitätsprüfung eingeführt. Die ersten Gespräche mit großen Maklern über das Thema Bestandsstornoquoten führten teils zu Befremden, oder sogar zu einem „sich ertappt fühlen“. Wir binden diese Herangehensweise im Übrigen auch an Courtagen. Das heißt, nicht die Produktionsgröße wird von uns honoriert, sondern die -qualität. Für den Vertrieb ist das natürlich eine Herausforderung. Dennoch kann er am Ende mit weniger Geschäft ebensoviel verdienen wie zuvor. Auch der Kunde profitiert von besserer Beratung, wie auch wir als Versicherer von weniger Stornos. Anerkennung erhalten wir für dieses Vorgehen übrigens vor allem aus dem mittelständischen Maklermarkt.
Cash.: Mit diesem lobenswerten Ansatz versperren Sie sich möglicherweise Vertriebswege…
Kettnaker: …eine solche Herangehensweise muss einfach der Trend der Zukunft sein. Mit einer Umdeckung um der Provision willen spielen wir doch nur denjenigen in die Karten, die uns ein schlechtes Image andichten wollen. Ich kann nicht auf der einen Seite Imagekampagnen fahren und mich auf der anderen Seite genau gegenteilig verhalten.
Cash.: Die Branche hat jüngst einen zehn Punkte umfassenden Verhaltenskodex für den Versicherungsvertrieb verabschiedet. Inwieweit waren auch Sie eingebunden und wie ernst ist es den Versicherern damit?
Kettnaker: Die Vertriebsvorstände aller Versicherer, die im GDV-Vertriebsausschuss vertreten sind, waren in die Erarbeitung des Kodex eingebunden. Die Herausforderung für uns liegt nun darin, diesen Kodex mit Leben zu füllen. Wir gehen dort voran. Eine Selektion im Vertrieb kostet zunächst einmal Wachstum. Wer aber Qualitätsauslese betreiben will, muss bereit sein zu so einem Schritt. Im Rahmen der Transparenz- und Verbraucherschutzdiskussionen wird die Qualität im Vertrieb der Erfolgsfaktor im Markt sein.
Seite 4: Wie die Rahmenbedingungen für den Vertrieb aussehen