Jeder vierte deutsche Lebensversicherer könnte eine Solvenzquote unterhalb der kritischen Grenze aufweisen. Kranken- und Schaden-/Unfallversicherer hingegen verfügen meist über ausreichend Substanz. Studienergebnisse offenbaren Handlungsbedarf.
Die Analysen der Studie „Solvency II – eine kulturelle und strategische Herausforderung“ der Beratungsunternehmen Bain & Company sowie Towers Watson basieren auf den aktuellen QIS5-Spezifikation für Deutschland und öffentlich zugänglichen Unternehmenskennzahlen. Demnach erscheint die Lage bei gut einem Viertel der betrachteten Lebensversicherer angespannt. Ihre Solvenzquoten könnten unterhalb von 100 Prozent liegen. Viele Unternehmen würden zudem ihre Kapitalkosten nicht verdienen. Dahingegen seien die Kranken- und Schaden-/ Unfallversicherer hierzulande bei Anwendung der geplanten neuen EU-Regeln zumeist ausreichend kapitalisiert.
Die Hauptursache für die kritische Lage bei den Lebensversicherern liegt nach Ansicht der Beratungsunternehmen in einem – im europäischen Vergleich hohen – Missverhältnis zwischen den Laufzeiten der Versicherungsverträge und den Laufzeiten des angelegten Vermögens, dem so genannten Duration-Mismatch. Darüber hinaus komme eine deutsche Besonderheit zum Tragen: Einige Versicherer bilanzieren noch immer auf Basis des HGB, dessen Vorschriften kürzere Laufzeiten von Vermögenswerten begünstigen.
Entspannter sei die Situation bei den Krankenversicherern: Keine der betrachteten Gesellschaften operiere mit einer Solvenzquote von weniger als 100 Prozent. Dieses gute Ergebnis beruht nach Interpretation der Analysten im Wesentlichen darauf, dass die Möglichkeit der laufenden Beitragsanpassung Krankenversicherer unter Solvency II besser stellt. Traditionell stark kapitalisiert seien die Schaden-/Unfallversicherer. Hier steige zwar das benötigte Kapital für die untersuchten Gesellschaften in Deutschland im Vergleich zu Solvency I um mehr als 200 Prozent, trotzdem wiesen weniger als fünf Prozent eine Solvenzquote von unter 100 Prozent aus.