Tchibo befindet sich wegen seiner Versicherungsvermittlertätigkeit im Fadenkreuz von Finanzdienstleistern. Nun wurde das Geschäft eingestellt und die Kooperation mit dem Direktversicherer Asstel beendet, wie der Kaffeehändler gegenüber Cash.Online bestätigte.
Das Unternehmen betont allerdings, mit dieser Entscheidung nicht dem Druck der Vermittlerbranche nachgegeben zu haben. Ursache sei vielmehr eine Änderung im Angebotsmix, in dem nun aufgrund höheren Absatzpotenzials Energie an die Stelle von Assekuranz-Produkten treten soll, erklärte ein Tchibo-Sprecher auf Nachfrage.
Auf das laufende Gerichtsverfahren, in dem sich der Kaffeeröster mit Interessenvertretern der Finanzdienstleistungsbranche auseinandersetzt, habe der Entschluss keinerlei Einfluss. Im Gegenteil sei man an einer grundlegenden Klärung der strittigen Sachverhalte interessiert und habe seine Position keineswegs geändert, so der Sprecher weiter.
Auf der Gegenseite wird der Tchibo-Rückzug aus dem Versicherungsgeschäft indes als großer Erfolg und Konsequenz der eigenen Bemühungen gewertet. „Tchibo gibt auf!“, lautet die Überschrift einer aktuellen Aussendung des Finanzdienstleisterverbands AfW. Nachdem bereits im August 2009 der Vertrieb von Investmentprodukten eingestellt wurde, habe sich das Unternehmen nun offensichtlich „dem massiven Druck“ gebeugt, heißt es in der AfW-Mitteilung weiter.
Gemeinsam mit dem Branchendienst „Versicherungstip“ hatte der Verband den Wettbewerbsverein WIW gegen den Einzelhändler in Stellung gebracht und bereits im Mai 2010 erstinstanzlich vor dem Landgericht Hamburg erreicht, dass Tchibo ohne behördliche Erlaubnis keine Versicherungen und Investmentprodukte vermitteln darf. Nachdem Tchibo Berufung eingelegt hat, befindet sich das Verfahren aktuell vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht.
Die Interessenvertreter der Finanzdienstleister sind der Auffassung, dass Tchibo mit seiner Vermittlertätigkeit gegen die seit 2007 geltenden, verbraucherschützenden Bestimmungen zur Versicherungsvermittlung verstoße.
Während von Versicherungsvermittlern neben den Informationspflichten eine Mindestqualifikation, eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung sowie eine entsprechende Registrierung verlangt wird, sei Tchibo weder im Versicherungsvermittlerregister eingetragen, noch liege eine entsprechende Gewerbeerlaubnis vor. Darüber hinaus erfülle das Unternehmen eine Reihe an Anforderungen aus der Versicherungsvermittlungsverordnung nicht.
Der Kaffeehändler beruft sich dagegen auf seinen Status als sogenannter Tippgeber. Dieser ist bislang im Gegensatz zu dem eines Versicherungsvermittlers nicht reguliert und bietet dadurch ein Schlupfloch, sich strengeren Anforderungen beim Vertrieb zu entziehen. (hb)
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