So ist im vergangenen Jahr das Neugeschäft mit Berufsunfähigkeitsversicherungen um 13,7 Prozent im Vergleich zu 2010 auf 459.000 Verträge gewachsen. Im Vergleich mit allen anderen Einzelversicherungen in der Lebensparte entwickelte sich nur der Absatz der Pflegerentenpolicen noch besser (plus 21,5 Prozent). Die Versicherungssumme der BU-Neuverträge summierte sich insgesamt auf 69,2 Milliarden Euro (plus 16,9 Prozent zum Vorjahr).
Berufsunfähigkeit: Wettbewerb um „gute“ Risiken
Zusammen mit Zusatzversicherungen – kurz BUZ genannt – stieg der Bestand an BU-Policen auf gut 16,9 Millionen Verträge. Wobei davon nur 3,1 Millionen Policen auf selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherungen (SBU) entfallen, bei den übrigen rund 13,8 Millionen Verträgen handelt es sich um eine BUZ. Dabei ist der BU-Schutz an eine andere Versicherung gekoppelt, zum Beispiel an eine Risikolebensversicherung oder eine Lebens- oder Rentenversicherung – mit oder ohne Fondsbindung. Der Trend zum Kombi-Schutz hat allerdings merklich nachgelassen: So wuchs der Gesamtbestand der BUZ-Verträge in 2011 nur um 0,2 Prozent auf besagte 13,8 Millionen.
Damit bleiben noch immer 25 Millionen Erwerbstätige in Deutschland übrig, die über keinerlei BU-Schutz verfügen. Um diese große Zielgruppe buhlt die Versicherungswirtschaft mehr denn je. „Neben dem Leistungs- und Bedingungswettbewerb findet inzwischen ein noch härterer Wettbewerb um die ‚guten‘ Risiken, also risikoarme Berufe, statt“, sagt Stephan Schinnenburg, Geschäftsführer des Hofheimer Analysehauses Morgen & Morgen (M&M).
Dieser Wettbewerb werde über den Preis geführt, so Schinnenburg. Um möglichst günstige Preise erzielen zu können, haben die Versicherer ihre Berufsgruppen immer weiter differenziert – von Berufen mit geringerem Risiko bis hin zu Berufen mit hohem Gefährdungsgrad. Während früher vier Gruppen ausreichten, wobei die risikoärmste Berufsgruppe „Eins“ lautet, die riskanteste „Vier“, haben viele Versicherer weitere Zwischenstufen geschaffen.
So etwa die Axa, die bereits vor zwei Jahren als einer der ersten Anbieter tätig wurde: „Insgesamt gibt es bei uns vier Berufsgruppen mit diversen Untergruppen, die den Beruf in seiner konkreten Ausprägung sowie weitere tätigkeitsbezogene Merkmale berücksichtigen. Dies erlaubt eine noch präzisere Tarifierung mit entsprechend individuell zugeschnittenen Beiträgen“, sagt Markus Willmes, Leiter Produktmanagement Vorsorge beim Kölner Versicherer.
In vielen Fällen ergebe sich für Kunden hierdurch Vergünstigungen von bis zu 30 Prozent. Zugleich räumt Willmes ein, dass je nach Konstellationen mit höherem Risiko auch Herabstufungen innerhalb der Berufsgruppe möglich seien. Insgesamt sei jedoch der Anteil der Kunden, die von der neuen Differenzierung preislich profitieren, deutlich höher, betont Willmes.
Dies deckt sich mit der Markteinschätzung des aktuellen M&M-Ratings „Berufsunfähigkeit“, das die preislichen Auswirkungen der aktuellen Berufsgruppendifferenzierung der Assekuranz unter die Lupe genommen hatte. Dazu wurde eine Auswahl von 145 Berufen bezüglich ihrer Beitragsveränderungen innerhalb der letzten anderthalb Jahre analysiert.
Das Ergebnis: Die meisten Berufe wurden im Schnitt günstiger, während sich hauptsächlich die schlechten Risiken im Mittel verteuerten. Konkret wurden die Tarife für 115 der betrachteten Berufe günstiger, für 30 wurde es teurer.
Seite drei: Gute Ausbildung wird honoriert