Politik in der Pflicht
Für Manfred Baier, Geschäftsführer des auf bAV-Themen spezialisierten Beratungshauses Febs Consulting, bedarf es dazu aber noch weiterer Konkretisierungen. „Spannend wird sicherlich noch die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Unterscheidung ,gerechtfertigt‘ erscheint“, sagt der bAV-Experte. Die Kommission hat hierzu nicht näher Stellung genommen.
Baier ergänzt, dass bereits Anfang 2012 mit einem Regierungsentwurf zur Umsetzung der Unisex-Entscheidung in deutsches Recht zu rechnen sei. Dabei stelle sich die Frage, ob der Gesetzgeber den Interpretationen der EU-Kommission folgt oder vielleicht sogar darüberhinausgeht, um auch für die betriebliche Altersversorgung einer zukünftigen EuGH-Entscheidung vorzugreifen.
Langfristig erscheint es laut Baier zumindest bei versicherungsfinanzierten bAV-Versorgungswerken kaum nachvollziehbar, warum diese nach dem Geschlecht unterscheiden dürfen, wenn in privaten Versicherungsverträgen eine solche Unterscheidung verboten ist.
EU und Pensionsfondsrichtlinie
Für Spannung im bAV-Markt sorgt die EU auch an einer zweiten Front. So ist geplant, grenzüberschreitende Tätigkeiten und Angebote im Bereich Betriebsrentensysteme zu fördern. Im Herbst 2011 hatte die europäische Aufsichtsbehörde EIOPA auf Empfehlung der EU-Kommission Vorschläge gemacht, wie die entsprechende EU-Pensionsfondsrichtlinie (2003/41/EG) verbessert werden könnte.
Dabei hat sich die EIOPA für eine stärkere Harmonisierung der Betriebsrentensysteme ausgesprochen, technisch sei dies möglich, teilte die Behörde mit. Eine ausführliche Zusammenfassung ihrer Vorschläge liefert sie allerdings erst, sobald alle Reaktionen bis Anfang Januar 2012 eingegangen sind.
Aus Sicht der Allianz haben die Harmonisierungsbestrebungen der EU allerdings noch eine weite Wegstrecke vor sich. „Solange die nationalen Steuer-, Arbeitsrechts- und Sozialversicherungssysteme national geprägt sind, werden grenzüberschreitende bAV-Lösungen eine Randerscheinung bleiben“, sagt Allianz-Pensionsfonds-Vorstand Arnold.
Für die Praxis spiele eine größere Rolle, ob und inwieweit die Anforderungen aus Solvency II auf Einrichtungen der bAV (regulierte Pensionskassen, Pensionsfonds) übertragen werden. Zunächst sei festzustellen, dass selbst die Regelungen für Lebensversicherer noch nicht abschließend fixiert und einige der vorliegenden Vorschläge noch nicht sachgerecht sind, so Arnold weiter.
Bezüglich der genannten bAV-Einrichtungen sei die Allianz aber optimistisch, dass der Gesetzgeber deren Besonderheiten angemessen berücksichtigen werde. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass eine Firmenpensionskasse dann weniger Eigenmittel bereithalten muss, wenn eine (insolvenzgesicherte) Nachschusspflicht des Arbeitgebers besteht.
Die deutschen Lebensversicherer hatten bereits mit Wohlwollen vernommen, dass es laut Professor Dr. Karel van Hulle von der EU-Kommission auf keinen Fall das Ziel der EU sei, die bAV-Einrichtungen in Deutschland zu schädigen. Die Versicherer werden sich an diese Worte erinnern.