Profitabilität vor Wachstum

Auch der Blick auf das durchschnittliche Prämienniveau dürfte die Branche hoffen lassen. Dieses hat sich im vergangenen Jahr erstmals seit 2004 erhöht. In der Kraftfahrt-Haftpflichtversicherung gab es einen Zuwachs von rund zwei Prozent, in der Vollkaskoversicherung stand ein Plus von etwa 1,5 Prozent zu Buche. Zusammen mit einem leichten Bestandswachstum ergaben sich in der Kraftfahrtversicherung somit Einnahmen von 20,9 Milliarden Euro – ein Plus von 3,5 Prozent (Vorjahr: 0,5 Prozent).

Historischer Höchststand im Leistungsniveau
Historischer Höchststand im Leistungsniveau

Quelle: GDV

Zwar profitieren die Versicherten noch immer von einem hart umkämpften Markt, mit dem Resultat, dass sich die Prämien auf dem Niveau der frühen 1980er-Jahre befinden. Doch immer mehr Versicherer sträuben sich gegen ein über Jahre hinweg praktiziertes Verhalten, das sich mit den Worten des Polonius aus Shakespeares Hamlet so beschreiben ließe: „Ist dies schon Wahnsinn, hat es doch Methode“.

Zu den großen Anbietern, die versuchen, den „Preisirrsinn“ in der Autoversicherung nicht länger mitzumachen, gehören die VHV Versicherungen aus Hannover. „Wir haben bereits im Jahr 2010 gegen den Markttrend unsere Tarife im Neugeschäft erhöht. Erst im Jahr 2011 ist der Wettbewerb gefolgt und hat Preiserhöhungen vorgenommen“, sagt VHV-Produktvorstand Dr. Per-Johan Horgby. „Ich sehe hier einen wichtigen Schritt hin zu einer vernünftigen Preispolitik der Branche.“

Für die VHV bedeute diese Entwicklung, dass man die eigene Preispositionierung im Jahr 2012 deutlich verbessern konnte ohne dabei auf eine nachhaltige und starke Ertragskraft verzichten zu müssen, so Horgby.

Den Versicherungsmanager nervt die immer wieder aufs Neue durchgeführte Preisschlacht: „Die allgemeine Fokussierung auf das Preisargument bei der Kfz-Versicherung greift zu kurz. Die Qualität muss einfach stimmen. Also das Zusammenspiel aus Produkt, Prozessen, Service und Preis“, erklärt Horgby. Weil die VHV Profitabilität vor Wachstum setze, habe man plangemäß einen leichten Rückgang im Kfz-Geschäft verzeichnet, fügt der Vorstand hinzu.

Ertrag vor Umsatz bei der Allianz

Eine ähnliche Strategie verfolgt die Allianz, der einstige Marktführer gemessen an der Anzahl der versicherten Fahrzeuge – bis die Münchner zumindest in dieser Disziplin vom Rivalen Huk-Coburg überrundet wurden. Nach Beitragseinnahmen führt die Allianz allerdings mit rund 3,4 Milliarden Euro deutlich vor der Huk, die 2,5 Milliarden Euro in 2011 einnahm.

Wie die VHV setzt Europas größter Versicherer nicht um jeden Preis auf Marktanteile. „Insbesondere in der Kraftfahrtversicherung, sowohl bei den privaten Autos als auch bei den gewerblichen Flotten, herrschte auch in 2011 ein Preiswettbewerb. In dieser Situation macht es keinen Sinn, um jeden Preis Markanteile zu halten“, erklärt Severin Moser, Vorstand der Allianz Deutschland und verantwortlich für das Schaden- und Unfallgeschäft. Man stelle daher Ertrag vor Umsatz, so Moser.

Dies ist auch nötig, damit die Allianz ihre vergleichsweise hohe Kfz-Schaden-Kosten-Quote reduzieren kann. Ihre Combined Ratio liegt mit 112 Prozent in 2011 deutlich über dem Marktniveau von 108 Prozent. Das soll aber nicht so bleiben – selbst wenn dafür Preissteigerungen in Kauf genommen werden müssten: „Wir werden an der Schaden-Kosten-Quote des Autogeschäftes weiter arbeiten und uns dabei natürlich auch die Preisgestaltung anschauen“, sagt Moser.

Seite drei: Preiskampf bei Kfz-Versicherung hält an

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