Cash.: Ist es für Sie reizvoll, dass Sie jetzt einen anderen Blickwinkel einnehmen müssen?
Ludwig: Ja, durchaus und ich glaube, jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, weil die Verunsicherung im Markt ja da ist. Das fördert die Gesprächsbereitschaft.
Cash.: Wie soll die Arbeit im Netzwerk konkret ablaufen?
Ludwig: Unseren Ansatz kann man am besten mit dem Genossenschaftswesen vergleichen, aus dem ich komme. Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe. Das heißt, ich schließe mich zusammen, um insgesamt Vorteile für mich zu generieren. Das muss ich nicht altruistisch machen, sondern das lässt sich auch mit Verrechnungspreisen organisieren.
Das Handelsunternehmen Rewe ist beispielsweise einer der größten Genossenschaften, tritt aber sehr marktwirtschaftlich als Anbieter am Markt auf. Nichtsdestotrotz ist es eine Genossenschaftsorganisation, in der sich die einzelnen Händler zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammengetan haben, um die Produkte günstiger einzukaufen, um diese dem Verbraucher preiswert anzubieten – und dabei natürlich auch noch eine Gewinnspanne erzielen.
Cash.: Die Gewinnspanne im Handel ist aber nicht besonders hoch…
Ludwig: Das stimmt, aber im Handel macht es eben die Masse. Bei uns muss es nicht die Masse machen. Wir müssen vor allem darauf achten, dass wir nicht in unlukrative Partnerschaften investieren.
Cash.: Die Vermögensberatung gilt als besonders lukrativ. Haben Sie auch in diesem Bereich einen Baustein für Ihr Netzwerk in Planung?
Ludwig: Natürlich. Wir diskutieren über alle Bereiche: Über Baufinanzierung, über Fondsanbieter, über Versicherungsanbieter – im Übrigen auch über Softwareanbieter, damit wir im IT-Bereich Vorteile über eine gemeinsame Abwicklung generieren können. Da sind wir wieder beim Genossenschaftsgedanken: Der Einzelunternehmer kann bei der Zentralgenossenschaft einkaufen, ist aber nicht verpflichtet, alles dort einzukaufen.
Cash.: Was macht Sie so sicher, dass Sie mit Ihrem genossenschaftlichen Ansatz Erfolg haben werden?
Ludwig: Sehen Sie: Wir haben eine Konsolidierung und verminderte Margen am Markt. Deshalb müssen die Geschäftsmodelle verändert und breiter aufgestellt werden. Das steht aber im Widerspruch zur Spezialisierung jedes Einzelnen, sodass dieser auf ein Netzwerk angewiesen ist.
Vor ähnlichen Herausforderungen standen bereits im 12. Jahrhundert niederdeutsche Kaufleute, die um Sicherheit bei der Überfahrt und die Vertretung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen bemüht waren. Dies führte zur Gründung der Hanse.
Cash.: Ihr Vorbild ist eine jahrhundertelang existierende Organisation?
Ludwig: Ich sehe vielmehr die hanseatischen Werte als Vorbild, das heißt einen modernen, auf wechselseitiges Vertrauen ausgerichteten, ertragsorientierten Verbund. Das ist ein Ansatz, den es am Markt meines Erachtens noch nicht gibt.
Es kann zwar jeder sagen, dass es gute Gründe gibt, dass es bislang keiner geschafft hat. Denjenigen erwidere ich: Genau dieses Geschäftsmodell beabsichtigen wir, mit der HVP erfolgreich umzusetzen. Ich traue uns zu, dass es gelingt.
Das Gespräch führte Lorenz Klein, Cash.
Foto: Hanse Merkur