Die Marktdurchdringung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) erfolgt nur schleppend. Experten kritisieren, dass das geltende Steuer- und Sozialversicherungsrecht sowie die geplante Finanztransaktionssteuer die Vorteile für den Verbraucher aushöhlen.
Der Steuerberater und Vorsitzende des Beirats des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP), Professor Dr. Thomas Dommermuth ärgert sich über das derzeit geltende Steuer- und Sozialversicherungsrecht. Dieses würde sich zu einem „Gefährdungspotenzial für die bAV“ entwickeln, so Dommermuth. „Durch das GKV-Modernisierungs-Gesetz von 2004 werden die Leistungen der bAV mit vollen Beiträgen für Kranken- und Pflegeversicherung belastet, wenn sie den aktuellen Bagatellbetrag, der bei einer Monatsrente von 134,75 Euro liegt, übersteigen. Dies hat bei sehr vielen Empfängern derartiger Leistungen für große Unruhe gesorgt.“
Volle Beitragsbelastung als „Damokles-Schwert“
Die volle Beitragsbelastung von 17,7 Prozent – 15,5 Prozent GKV-Beitrag plus 2,2 Prozent Pflegeversicherungsbeitrag – werde grundsätzlich als „Damokles-Schwert“ empfunden, konstatiert der Steuerexperte. „Die Menschen denken wie folgt: Wenn man uns später über 17 Prozent plus nachgelagerte Besteuerung wegnimmt, dann kann sich die bAV nicht rentieren“, kritisiert Dommermuth.
Das stimme zwar nicht, betont der Wissenschaftler, denn die Vorteile auf der Beitragsseite seien aufgrund des Stundungsvorteils durch Steuer- und Sozialversicherungsersparnis sowie Progressionsvorteil der Steuer immer noch derart hoch, dass sie die Nachteile auf der Leistungsseite deutlich überkompensierten. „In der Wahrnehmung der Menschen schaut dies jedoch anders aus“, mutmaßt der bAV-Fachmann.
Finanztransaktionssteuer auf bAV stößt auf breite Ablehnung
Experten wie Dommermuth setzen sich daher zusammen mit der Versicherungswirtschaft für umfangreiche Reparaturmaßnahmen an der zweiten Säule des Altersvorsorgesystems ein. Neben einer verminderten Belastung der bAV mit dem halben Krankenversicherungs-/Pflegeversicherungs-Beitragssatz wie vor dem Jahr 2004 plädiert die Fachwelt vor allem für eine Ausnahmeregelung für die bAV bei der Umsetzung einer Finanztransaktionssteuer.
„Bereits Anfang 2014 soll die Steuer in mindestens elf Ländern eingeführt werden“, befürchtet Dr. Alexander Erdland, Präsident des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Ursprünglich gedacht, um die Verursacher der Finanzkrise an den Kosten zu beteiligen, sollen jetzt auch Kapitalanlagen besteuert werden, die der Altersvorsorge dienen. Künftig wird der Staat die Eigenvorsorge also mit der einen Hand fördern und den Menschen das Geld mit der anderen Hand über die Steuer wieder wegnehmen“, kritisert Erdland. Das führe die Altersvorsorgeförderung „ad absurdum“.
Der GDV fordert deshalb „nachdrücklich“, dass die private und betriebliche Altersvorsorge von der Steuer ausgenommen werden soll. Insgesamt zieht der GDV in diesem Jahr eine gemischte bAV-Bilanz.
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