Der Streit um die Frage, wie die Bewertungsreserven von Versicherern künftig an die Kunden verteilt werden sollen, hält an: Nun hat sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gegen den finanzpolitischen Sprecher der Grünen, Dr. Gerhard Schick, positioniert.
In einer Stellungnahme vom vergangenen Freitag widersprach der Verband Berechnungen, die Schick laut einer Agenturmeldung dem „Spiegel“ vorgelegt haben soll. Wie der GDV mitteilte, zeigen die Berechnungen, dass sich die Eigenkapitalrendite der Lebensversicherer in den letzten Jahren verdreifacht habe. Daraus schlussfolgere der Finanzexperte der Grünen, dass in der Frage, „ob die Mehrzahl der Versicherten weiter für Sonderausschüttungen für einige wenige Versicherte zahlen sollen, auch die Aktionäre einen Beitrag leisten sollten“, zitiert der GDV.
Verband spricht von falscher Vergleichsbasis
Dr. Jörg von Fürstenwerth, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des GDV, erklärte: „Wer die Gewinne der Lebensversicherer im Jahr 2010 oder 2011 ausgerechnet mit dem Krisenjahr 2002 vergleicht, tut dies aus einem einzigen, offensichtlichen Grund: um einen vermeintlichen Renditesprung der Versicherer zu konstruieren.“
Nach dem Platzen der Dotcom-Blase hätten viele Lebensversicherer wegen extremer Einbrüche der Aktienmärkte 2002 nur sehr niedrige Überschüsse, so von Fürstenwerth. Die Eigenkapitalrendite der Lebensversicherer sei 2002 um mehr als zwei Drittel gegenüber der Eigenkapitalrendite des Jahres 2000 eingebrochen. „Wer solche Ausnahmejahre als Vergleichsbasis nimmt, fährt ein ziemlich durchschaubares Manöver. Zu einer sachlichen Diskussion mit dem Ziel einer fairen Kompromissfindung im Interesse aller Versicherten trägt Herr Schick damit nicht bei“, kritisiert der GDV-Mann.
Vermittlungsausschuss berät
Der Vermittlungsausschuss des Bundesrats klärt derzeit, wie Kunden mit Lebensversicherungen zukünftig an den Bewertungsreserven beteiligt werden sollen. Unter Bewertungsreserven sind bilanzielle Buchgewinne von Wertpapieren zu verstehen. Diese fallen an, wenn der aktuelle Marktwert eines Wertpapiers oberhalb des ehemaligen Kaufwertes liegt (siehe Grafik).
Ursprünglich war vorgesehen, dass Kunden mit Auslaufen ihres Vertrages nur noch zu 50 Prozent an den Bewertungsreserven beteiligt werden sollen, um somit die Versicherungswirtschaft zu entlasten. Gegen diese Pläne gibt es Widerstand aus der SPD und von den Grünen, da die Regelung zu einseitig zu Lasten der Versicherten ausfallen würde.
GDV: Bewertungsreserven sind „Scheinreserven“
Wegen des anhaltenden Niedrigzinsniveaus bestehen derzeit sehr hohe Bewertungsreserven für festverzinsliche Papiere. Aus Sicht des GDV handele es sich dabei jedoch um „Scheinreserven“: Da die Versicherer ihre Papiere in der Regel bis zum Ende halten würden, entstünden keine tatsächlichen Erträge, da sich diese „am Ende wieder auflösen“. Der tatsächliche Wert der Zinspapiere bestehe stattdessen in der regulären Ausschüttung der Zinsen von Jahr zu Jahr, so der GDV. (lk)
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Fotos: Shutterstock; Dr. Gerhard Schick; GDV