Kunden, die zwischen 2001 und 2007 eine Lebensversicherung abgeschlossen haben, muss im Kündigungsfall mindestens die Hälfte der Beiträge ohne Kostenabzug zurückerstattet werden. Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) stößt bei der Versicherungswirtschaft auf Zustimmung, da es für Klarheit sorge.
Es bleibt dabei: Werden Altverträge aus dem besagten Zeitraum gekündigt, bekommt der Versicherte mindestens die Hälfte des eingezahlten Kapitals vom Versicherer zurück. Zwei Kläger hatten auf eine höhere Erstattung gehofft, scheiterten aber nun mit ihrer Berufung auf das reformierte Versicherungsvertragsgesetz (VVG) von 2008, das höhere Rückzahlungen im Falle einer Kündigung vorsieht (Az. IV ZR 17/13). Der BGH urteilte, dass die Neuregelung nicht für Verträge gilt, die vor 2008 abgeschlossen worden sind.
Versicherer dürfen Abschlusskosten nicht abziehen
Der BGH bestätige mit seiner Entscheidung jedoch, dass „Frühstornierer“, die bereits in den ersten Jahren aus ihrem Vertrag aussteigen wollen, ebenfalls mindestens die Hälfte des „ungezillmerten Deckungskapitals“ zusteht – obwohl die sogenannte Zillmerung vorsieht, dass die Beiträge in den fünf ersten Vertragsjahren der Lebensversicherung fast vollständig in die Abschlussprovision des Vermittlers fließen. Das heißt: Obwohl in den ersten Jahren so gut wie kein Guthaben auf dem Vertragskonto vorhanden ist, bekommt der Kunde mindestens die Hälfte der eingezahlten Beiträge zurück.
Versicherungswirtschaft: Urteil schließt Lücken
Beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) stößt die BGH-Entscheidung auf ein positives Echo: „Das Gericht hat für Lebensversicherungsverträge, die im Zeitraum zwischen Ende 2001 und Ende 2007 abgeschlossen und vorzeitig beendet wurden, hinsichtlich der Kostenverrechnung die nötige Klärung vorgenommen“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme, die Cash.-Online vorliegt. Das Gericht habe damit Lücken geschlossen, die nach Urteilen des Bundesgerichtshofs vom vergangenen Jahr entstanden waren, so der GDV.
Im Juli 2012 hatte es der BGH untersagt, dass Versicherer die Abschlusskosten mit den ersten Beiträgen verrechnen dürfen. Die 2001 eingeführten Klauseln sahen bei einer Kündigung in den ersten Jahren einen deutlich geringeren Rückkaufswert vor. Das Gericht bewertete diese Praxis als „unangemessene Benachteiligung der Verbraucher“. Die konkrete Berechungsformel wurde aber erst mit der gestrigen Entscheidung festgelegt.
Verbraucherschützer raten zur Überprüfung des Rückkaufwertes
Auch der Bund der Versicherten (BdV) begrüßte das Urteil: „Es ist erfreulich, dass der BGH seine Rechtsprechung zur Berechnung des Rückkaufswerts bei wegen Intransparenz unwirksamen Klauseln aus der Tarifgeneration 1994 – 2001 (Urteil vom 12. Oktober 2005 – IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297) fortgeführt hat und auch auf die Berechnung des Rückkaufswerts von bis Ende 2007 geschlossenen Verträgen erstreckt hat“, teilte der BdV gegenüber Cash.-Online mit.
Die Verbraucherschutzorganisation rät dazu, dass sich Betroffene jetzt an ihren Versicherer wenden sollten, um eine Neuberechnung des Rückkaufswertes unter Berücksichtigung des BGH-Urteils zu verlangen. Ferner sollten sie auf die Möglichkeit achten, dass die Ansprüche eventuell bereits verjährt seien, heißt es weiter. Sollte dies der Fall sein, wäre es wünschenswert, so der BdV, wenn die Versicherungsunternehmen auf die „Einrede der Verjährung verzichten und eine Nachberechnung durchführen“.
Verträge ab 2008 von aktuellem Urteil nicht betroffen
Der GDV wies zudem darauf hin, dass die Entscheidung für Lebensversicherungsverträge, die seit 2008 abgeschlossen wurden, „ohne Bedeutung“ sei: „Hier gibt das Gesetz (Paragraf 169 VVG Absatz 3) den Versicherern klare Vorgaben, wie hoch der Rückkaufswert mindestens sein muss“, heißt es. Im Übrigen habe der Versicherer schon bei Vertragsschluss den Kunden über die in Betracht kommenden Rückkaufswerte zu informieren. (lk)
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