Leitzinssenkung: Verbände beklagen falsches Signal für Sparer

Wie erwartet hat die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag den Leitzins von 0,75 Prozent auf 0,5 Prozent gesenkt. Ein Bündnis aus Volks- und Raiffeisenbanken, Sparkassen und Versicherern hatte eindringlich vor diesem Schritt gewarnt – vergeblich.

Mit der Entscheidung der EZB hat der Leitzins einen neuen Tiefststand erreicht. Die Währungshüter begründeten den Schritt damit, dass man auf die andauernde Rezession in der Euro-Zone, die einhergeht mit schwachen Wirtschaftsdaten, reagieren musste.

Vor allem in Deutschland dürfte die Entscheidung für Unmut sorgen, denn nach Meinung vieler Wirtschaftsexperten bräuchte Deutschland eigentlich eine Zinserhöhung, doch separate Zinsanpassungen sind in der Euro-Zone nicht möglich und waren auch nie vorgesehen.

Appell der „großen Koalition für Sparer“ verhallt ungehört

Deutsche Sparer müssen sich nun auf noch geringere Zinsen einstellen – und auch für die deutsche Versicherungswirtschaft kommt die Entscheidung einer Hiobsbotschaft gleich. In seiner Not hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) sowie dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) eine „große Koalition für Sparer“ ins Leben gerufen.

Am Vortag der EZB-Entscheidung haben die Präsidenten der drei Verbände in einem schriftlichen Appell vor den „Nebenwirkungen“ einer weiteren Zinssenkung gewarnt. Diese wäre ein „falsches Signal für Sparer und alle, die für das Alter vorsorgen“, heißt es darin. So lasse jeder Zinsschritt nach unten die Sparguthaben schmelzen. „Sinkende Zinsen bedeuten einen sinkenden Anreiz für das Sparen und Vorsorgen. Dabei müssen die Menschen heute mehr als bisher vorsorgen, um ihren Lebensstandard im Alter zu sichern“, warnen die Präsidenten.

Versicherer beklagen zinsbedingte Mindereinnahmen von vier Milliarden Euro

„Allein 2012 verzeichneten die Lebensversicherer für ihre Kunden zinsbedingte Mindereinnahmen von vier Milliarden Euro“, sagt Dr. Alexander Erdland. Der GDV-Präsident warnt vor Fehlanreizen und negativen Folgen für die private Altersvorsorge, deren Notwendigkeit „ungebrochen“ sei – dies gelte vor allem für die jungen und mittleren Generationen, die sich aufgrund des demografischen Wandels weniger auf die gesetzliche Rente verlassen könnten als die Älteren. „Erst 2012 hatte die OECD festgestellt, dass die Menschen in Deutschland deutlich mehr privat vorsorgen müssen als bisher, um starke Einkommenseinbußen im Alter zu verhindern“, betont Erdland.

DSGV-Präsident Georg Fahrenschon ergänzt: „Schon jetzt kommt das billige Geld nicht bei den Unternehmen an. Ein Zins von nahe Null zu noch näher an Null würde keinerlei positive Wirtschaftsimpulse auslösen, sondern die Probleme nur verschärfen.“ Es komme darauf an, so Fahrenschon, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der Einstieg in ein „normales Zinsniveau“ möglich werde. „Die Sparer dürfen nicht dauerhaft ungefragt zu Solidarleistungen für Europa herangezogen werden“, bekräftigt der Sparkassen-Chef.

„Billigeres Geld hilft Ländern Südeuropas nicht weiter“

Auch BVR-Präsident Uwe Fröhlich äußert sich besorgt: „Dauerhaft niedrige Zinsen sind für die Finanzstabilität ausgesprochen schädlich.“ So würden Investitionen begünstigt, die auf Dauer nicht wirtschaftlich tragfähig seien, warnt Fröhlich. Der Genossenschaftsbanker ist zudem der Ansicht, dass das Ziel, die Kreditvergabe in den Ländern Südeuropas zu fördern, durch billigeres Geld der Notenbank nicht erreicht werde. So sei der erschwerte Kreditzugang in den Südländern nicht das Problem zu hoher Zinsen, sondern der hohen Kreditrisiken in Anbetracht der schwierigen Wirtschaftsverhältnisse. „Eine gezielte Förderpolitik auf nationaler Ebene würde den Kreditzugang viel eher erleichtern“, meint Fröhlich.

Weiter heißt es in dem Aufruf, dass die Überwindung der Schuldenkrise nach Auffassung aller drei Präsidenten, nur dann erreicht werden könne, wenn die „wachstumsschwächeren Länder ihre Reformbemühungen zur Konsolidierung der Staatshaushalte und zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit konsequent fortsetzen“. (lk)

Foto: Shutterstock

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