„Unangenehm aber unverzichtbar“ – so lässt sich das Thema Pflegeabsicherung aus Sicht von Experten zusammenfassen. Die geförderte Pflege-Zusatzversicherung (GEPV), besser bekannt als „Pflege-Bahr“, soll das zögerliche Abschlussverhalten der Deutschen verbessern helfen.
Ein fulminanter Start sieht anders aus: Wie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) kürzlich mitteilte, wurden im ersten Quartal 2013 etwa 10.000 Pflege-Bahr-Verträge abgeschlossen. Das Vorbild Riester-Rente bleibt damit in unerreichbarer Ferne: Zum Start der staatlich geförderten Altersvorsorge im Jahr 2002 standen im ersten Quartal mehr als 550.000 Neuabschlüsse zu Buche. Das Ministerium führt die maue Nachfrage darauf zurück, dass „noch nicht alle Versicherer entsprechende Produkte anbieten“.
Pflege-Bahr: Hälfte der PKV-Unternehmen ist bislang dabei
Von den 48 im Verband der privaten Krankenversicherungen (PKV-Verband) organisierten Unternehmen hat etwas mehr als die Hälfte entweder einen Pflege-Bahr-Tarif im Angebot oder hat diesen angekündigt. Schließen Kunden ab 18 Jahren eine private Pflegetageldversicherung bei einem der Krankenversicherer ab, schießt der 60 Euro im Jahr dazu. Im Gegenzug muss sich der Versicherte bereit erklären, mindestens 120 Euro im Jahr aus eigener Tasche in die Police einzuzahlen. Um möglichst vielen Menschen, einen Zugang zur GEPV zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber Leistungsausschlüsse und Altersgrenzen untersagt.
Zu den jüngsten Vertretern im Pflege-Bahr-Markt gehört die Domcura aus Kiel. Sie bietet seit dem 10. April das Produkt „Förder-Pflege“ in Kooperation mit der Deutschen Familienversicherung an. Der neue Tarif kann dabei, wie bei vielen anderen Anbietern auch, in Kombination mit einer ungeförderten Pflege-Zusatzversicherung abgeschlossen werden. „Mit genau dieser Variante erreicht der Vermittler ein hohes Maß an Absicherung für seine Kunden“, sagt Norbert Fink, Vertriebsleiter bei der Domcura.
Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass der Abschluss eines Pflege-Bahr-Vertrags nicht ausreicht, um die Finanzierungslücke in der Pflege komplett schließen zu können. Doch die Versicherungsbranche sieht in der GEPV zumindest einen „Schritt in die richtige Richtung“, denn wer sich allein auf die gesetzliche Pflegeversicherung verlässt, müsste im Pflegefall bis zu 1.700 Euro im Monat aus privater Hand aufbringen.
16 Euro Beitrag für 600 Euro Pflegegeld
Die meisten Pflege-Bahr-Anbieter zahlen in Pflegestufe III ein maximales Pflegegeld von 600 Euro im Monat – dies ist zugleich die gesetzlich vorgeschriebene Untergrenze in der Pflegestufe III. Bei der Nürnberger, die wie die Domcura seit April im Markt vertreten ist, muss ein 50-Jähriger beispielsweise rund 16 Euro im Monat aufwenden, um Anspruch auf diesen Betrag zu haben.
Die Tarife der meisten Anbieter sehen in der Pflegestufe 0 (bei Demenz) eine Leistung von zehn Prozent des versicherten Pflegegeldes vor. In den nachfolgenden Pflegestufen steigt die Leistung an – zumeist in diesen Intervallen: 20 Prozent (Pflegestufe I), 30 Prozent (Pflegestufe II) und schließlich 100 Prozent (Pflegestufe III).
Lieber Handyversicherung als Existenzschutz
Nun liegt es an der Vermittlerschaft, den Menschen das „Prinzip Pflege-Bahr“ zu erklären und das Produkt womöglich doch noch zu einer Erfolgsgeschichte werden zu lassen. Doch das dürfte schwierig werden, weiß der Versicherungsmakler Lutz Abromeit zu berichten. Im Interview mit Cash. sagt er, dass immer noch zu viele Menschen dazu neigen, lieber eine Handyversicherung abzuschließen als sich um existenzielle Risiken zu kümmern.
Domcura-Manager Fink übt sich indes in Optimismus. Er hofft, dass die angesichts der „demografischen Entwicklung immer wichtiger werdende Pflegeabsicherung durch die staatliche Förderung einen neuen Impuls im Bewusstsein der Kunden erhält.“ Es bleibt abzuwarten, ob der Impuls, wenn auch keine kurzfristige, zumindest eine nachhaltige Wirkung erzielen wird. (lk)
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Fotos: BMG/Dedeke, Domcura