„Masse statt Klasse“ oder „eierlegende Wollmilchsau“? – an staatlichen Vorsorgefonds nach skandinavischem Muster scheiden sich die Geister. Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hält die Fonds für eine kostengünstige Alternative zur Riester-Rente – und erntet Widerspruch.
Nauhauser hat sich am Donnerstag in der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) für die Einführung eines staatlichen Pensionsfonds in Deutschland ausgesprochen. Das Modell, das sich an die „Ikea-Fonds“ in Schweden und Norwegen anlehnt, nennt Nauhauser „Vorsorgefonds“. Dieses soll eine „echte und vor allem verbraucherfreundliche Alternative“ zur Riester-Rente darstellen, die laut Nauhauser „ihre Ziele nicht erreicht“ hat.
Nauhauser: „Fehlberatung und Geldschneiderei“ begegnen
Anders als beim Abschluss einer Riester-Rente fielen bei den Vorsorgefonds keine Abschluss- oder Folgeprovisionen an, sagt der Verbraucherschützer. Die jährlichen Kosten betragen beim staatlichen Pensionsfonds Schweden 0,12 Prozent des verwaltenden Vermögens, dies sei ein Bruchteil des in der Finanzbranche sonst üblichen, heißt es in dem SZ-Bericht. Die Verwaltungskostenquote der deutschen Versicherer liegt im Jahresdurchschnitt 2012 bei 2,4 Prozent (siehe Grafik).
„Es ist an der Zeit, dass auch bei uns ein System die Verbraucher versorgt, das kostengünstig, transparent und einfach ist“, so Nauhauser. Damit könne man der „Fehlberatung und Provisionsschneiderei“ begegnen. „Momentan spielen die Berater der Finanzindustrie eine entscheidende Rolle; sie sollen den Kunden eine ganz individuelle Altersvorsorge empfehlen – verfolgen aber ganz eigene Ziele“, mutmaßt der Verbraucherschützer.
„Vorsorgefonds geht an der Wirklichkeit vorbei“
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) widerspricht Nauhausers Forderung vehement. So gehe die Forderung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg „an der Wirklichkeit vorbei“, teilt der Verband in Berlin mit.
Auch der Vorstandsvorsitzender der aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung, Heribert Karch, hat die Idee eines Staatsfonds als „politisches Hasardeurtum“ abgelehnt.
„Der Vorsorgefonds bietet weder lebenslange Renten noch eine Mindestgarantie für die Leistungen. Es ist alles andere als einfach, den Vermögensabbau im Alter zu steuern, noch dazu, wenn der Fonds in volatilen Anlagen investiert ist“, erklärt der GDV. Die Gefahr der Altersarmut werde so erhöht. Denn reiche das Geld im hohen Lebensalter nicht aus, müsse der Steuerzahler in Form der Grundsicherung einspringen.
Weiter kritisiert der GDV, dass die Kapitalerträge des staatlichen Vorsorgefonds stark schwanken würden, so dass eine Planungssicherheit für die Vorsorgesparer nicht möglich sei. Zudem könnte der Staat in Krisenzeiten auf den Vorsorgefonds zugreifen wollen, mutmaßen die Interessenvertreter der deutschen Versicherer. Eine „Quasienteignung“ des Kapitals sei daher möglich, wie es in Irland und in Spanien geschehen sei.
Versicherungswirtschaft will Riester-Rente verbessern
„Das billigste Produkt nützt nichts, wenn es nicht zum Kunden kommt“, so GDV-Präsident Alexander Erdland. Stattdessen schlägt Erdland „konstruktive Verbesserungen“ an der Riester-Rente vor. So solle das Fördervolumen dynamisiert und die Grundzulage erhöht werden. Damit können die mit der „Einkommens- und Inflationsentwicklung wachsenden Versorgungslücken geschlossen werden“, meint Erdland.
Dazu sollten künftig Beiträge einschließlich Zulagen von bis zu vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze förderfähig sein. Dies bedeutet bezogen auf 2013 eine Anhebung von derzeit 2.100 Euro auf 2.784 Euro. Außerdem müsse das Problem der Anrechnung von freiwilliger Eigenvorsorge bei der Grundsicherung zum Beispiel durch Freibeträge gelöst werden, heißt es weiter. „Wer vorsorgt, muss im Alter mehr haben, als derjenige, der dies nicht tut“.
Transparenz über „säulenübergreifende Renteninformation“
Um die Altersvorsorge transparenter zu machen, setzt der GDV auf „ein gut gemachtes, einheitliches Informationsblatt für geförderte Altersvorsorgeprodukte“. Dieses erhöhe deren Transparenz und erleichtere Verbrauchern vor Vertragsabschluss die Entscheidung.
Nach dem Abschluss von Vorsorgeverträgen soll zudem eine „säulenübergreifende Renteninformation“ darlegen, mit welchen Leistungen aus den „verschiedenen Quellen im Alter“ der Kunde rechnen könne. „Derzeit ist es jedoch noch nicht möglich, eine Gesamtübersicht über alle Rentenansprüche zu erhalten“, so der Verband. Der GDV setze sich dafür ein, eine entsprechende Plattform zu schaffen. (lk)
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