Früher noch geduldetes Verhalten wird heute von konkurrierenden Versicherungsvermittlern nicht mehr akzeptiert, sondern gleich wettbewerblich abgemahnt. Was sollten Vermittler tun, wenn sie eine Abmahnung erhalten? Und was kann geschehen, wenn die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgegeben wird?
Gastbeitrag von Jürgen Evers und Sascha Alexander Stallbaum, Kanzlei Blanke Meier Evers Rechtsanwälte
Seit der Reform durch das „Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts“ hat sich der Konkurrenzdruck unter den Versicherungsvermittlern spürbar erhöht. Der Ton ist sprichwörtlich rauer geworden und dies drückt sich in einer deutlichen Zunahme der Abmahnungen aus. Wie sollten sich Vermittler verhalten, wenn sie eine Abmahnung im Briefkasten finden?
Eine Abmahnung ist als Aufforderung zum Unterlassen zu verstehen
Die Abmahnung ist der Hinweis eines Wettbewerbers auf ein wettbewerbswidriges Verhalten des Konkurrenten, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten zukünftig zu unterlassen. Mit der Abmahnung wird dem abgemahnten Konkurrenten gewöhnlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abverlangt.
Für den Fall, dass der Abgemahnte die strafbewehrte Unterlassungserklärung unterzeichnet, schuldet er dem Abmahnenden bei einem neuerlichen Verstoß gleicher Art eine Vertragsstrafe. Außerdem muss der Abgemahnte sich regelmäßig verpflichten, dem Abmahnenden dessen entstandene Kosten zu erstatten.
Nicht selten umfassen Unterlassungserklärungen auch Auskunftspflichten des Abgemahnten zum Beispiel darüber, ob und welche Kunden von ihm telefonisch wettbewerbswidrig kontaktiert worden sind; Auskunft über Kündigungsempfehlungen in Bezug auf Versicherungsverträge und ähnliches mehr.
Bloße Behinderung des Abgemahnten immer häufiger im Vordergrund
Abgemahnt wird in der Regel jedes Verhalten, durch das der Eindruck erweckt wird, der Abgemahnte wolle sich einen irregulären Wettbewerbsvorteil verschaffen. Zunehmend tauchen auch Fälle auf, bei denen schon rein formale Fehler des Außenauftritts abgemahnt werden, ohne dass der formale Fehler Marktvorteile verschafft. Hier steht meist nur die Behinderung des Abgemahnten im Vordergrund.
Gegenstand einer Abmahnung kann zum Beispiel schon sein, dass ein Wettbewerber am Markt als Versicherungsvermittler tätig wird, aber keine Erlaubnis zur Versicherungsvermittlung besitzt – weil er etwa davon ausgeht, keine Erlaubnis zu benötigen.
Immer wieder abgemahnt werden auch Empfehlungen zur Kündigung bestehender Versicherungsverträge. Geradezu ein Standardfall ist die telefonische Kontaktaufnahme mit potenziellen Kunden durch den Wettbewerber, bei der der Abgemahnte auf einen Kunden treffen kann, der sich bereits in Betreuung durch einen anderen Versicherungsvermittler befindet.
Sogar das Impressum wird auf abmahnfähige Inhalte geprüft
Eher neu ist die Prüfung des Impressums durch Konkurrenten auf abmahnfähige Inhalte. Breiten Raum nehmen inzwischen auch Abmahnungen der Informations- und Beratungspflichten nach der Versicherungsvermittlungsverordnung und dem Versicherungsvertragsgesetz ein, denen die Rechtsprechung marktverhaltensregelnde Bedeutung beimisst.
Erhält ein Versicherungsvermittler eine Abmahnung, sollte er auf die Abmahnung nicht ohne anwaltliche Beratung reagieren. Nicht selten enthalten Abmahnungen inhaltliche Fehler, sind die abzugebenden Unterlassungserklärungen zu weit gefasst oder ist das abgemahnte Verhalten schlicht nicht wettbewerbswidrig. Erklärt sich der Abgemahnte dennoch oder gibt die Unterlassungserklärung ab, kann sich dies vielfach teurer erweisen als die Einholung qualifizierten anwaltlichen Rats.