LV-Reform führt zu Exodus

Wer da jetzt noch jubelt, dass der Provisionsdeckel in der Lebensversicherung vom Tisch ist, irritiert mich zutiefst. Die LV-Reform bringt tiefgreifende Einschnitte für eine bereits gebeutelte Branche. Angesichts dessen wird sie zu einem wahren Exodus führen.

Die Pradetto-Kolumne

„Wer die Folgen der LV-Reform ernsthaft abwägen will, muss das Gesetz auch vor dem faktisch realen Hintergrund einordnen: In den letzten zwei Jahren haben sich sieben Lebensversicherer ganz oder teilweise aus dem Markt zurückgezogen.“

Wer beobachtet mit welch‘ atemberaubender Geschwindigkeit die Reform noch während der Fußball-Weltmeisterschaft durchgepeitscht wird, kommt nicht umhin zu erkennen, dass es der Politik ernst ist.

Mehr noch, die Branche findet in Berlin keinerlei Gehör mehr. Im Mai haben sich die niedrigzinsgeplagten Lebensversicherer noch siegessicher gewähnt. Nicht nur eine Neubewertung der Reserven sollte die Branchenrettung bringen.

Im gleichen Atemzug versprach man sich noch die unabhängigen Makler und Vertriebe ihrer Provisionen berauben und dabei der Politik die Verantwortung zuschieben zu können. Das ging nun gründlich nach hinten los.

Die Reform bringt die deutschen Lebensversicherer an den Rand der Vernichtung. Trotzdem ist auch für die Vermittler kein Grund zur Freude angesagt. Denn jetzt kommt es schlimmer, als jeder Provisionsdeckel es für sich genommen hätte anrichten können. Schauen wir uns die wesentlichen Fakten und Folgen an.

1.) Verringerung der bilanzierbaren Zillmerung von 40 auf 25 Promille

Die Zillmerungsvorgaben haben nichts mit Provisionssätzen zu tun. So wie bislang mehr als 40 Promille gezahlt wurden, können künftig auch mehr als 25 Promille gezahlt werden. Versicherer, die nicht nach deutschem Recht bilanzieren, sind nicht von dieser Regelung betroffen.

Jedoch sollte man sich nicht täuschen lassen: Unter dem Strich bedeutet dies, dass deutsche Versicherer weniger Möglichkeiten haben, Abschlussprovisionen diskontiert auszuzahlen. Eine Senkung von annähernd 40 Prozent der bisherigen Abschlussprovisionen steckt hier quasi verdeckt drin. Zwar steht es dem Versicherer frei, Provisionen aus anderen Mitteln zu zahlen. Doch stellt sich die Frage, welche dies künftig sein sollen.

2.) Offenlegung der Verwaltungskosten

Verwaltungskosten geraten stärker in den Fokus, da der Versicherer diese künftig vor Abschluss offenlegen muss. Damit entfällt eine Gestaltungsmöglichkeit, die bislang rege genutzt wurde.

3.) Beteiligung des Kunden an Risikoüberschüssen mit 90 statt 75 Prozent

Diese Regelung hat dramatische Folgen. Zahlreiche Versicherer generieren gerade aus diesem Bereich ihre Gewinne und ihren finanziellen Gestaltungsspielraum. Dabei fällt hier nicht nur ein Bereich weg, mit dem Kürzungen in der Zillmerung ausgeglichen werden könnten. Vielmehr verlieren die Versicherer so viel, dass sie förmlich gezwungen sind, drastisch auf die Kostenbremse zu drücken. Die einzig verbliebene und zudem ausreichend schnelle Bremsmöglichkeit bilden die Abschlussprovisionen.

Seite zwei: Offenlegung der Provisionen – aber wie?

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