Oberste deutsche Gerichte haben in jüngster Zeit eine Reihe von Grundsatzurteilen im Bereich Pflege gefällt, die Vermittler kennen sollten, um kompetent beraten zu können. Dabei sollten sie sich allerdings jeder juristischen Auslegung und auch der Beratung beispielsweise zu Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht enthalten.
Gastbeitrag von Dr. Christine Zahn, DFV Deutsche Familienversicherung
Angesichts der bis zum Jahr 2050 erwarteten Verdoppelung der Anzahl der Pflegebedürftigen ist die Pflege eine der größten Herausforderungen für die stark alternde deutsche Gesellschaft. Auch die Gerichte beschäftigen sich daher immer häufiger mit diesem Thema.
Meist geht es dabei um Ansprüche der Pflegebedürftigen gegenüber der Pflegekasse, den Sozialämtern sowie den unterhaltspflichtigen Kindern. Und darum, ob und in welchem Ausmaß Vermögen der Unterhaltspflichtigen dafür verwertet werden muss.
Grundsätzlich gilt im Pflegefall: „Kinder haften für ihre Eltern“
Laut Bürgerlichem Gesetzbuch sind leibliche, Adoptiv- und nichteheliche Kinder ihren Eltern gegenüber unterhaltspflichtig. Kann ein Pflegebedürftiger seine Pflegekosten nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen tragen, springen zunächst die Sozialämter dafür ein.
Anschließend können sie sich das Geld aber von den Kindern zurückholen. Der BGH hat in mehreren Urteilen dabei bereits mehrfach klargestellt und bestätigt, dass Kinder nur in extremen Ausnahmefällen von ihrer Elternunterhaltspflicht befreit sind.
[article_line]
Kinder nur in extremen Ausnahmefällen befreit
So verhandelte er einen Fall, in dem ein pflegebedürftiger Vater im Jahr 1972 den Kontakt zu seinem damals 18-jährigen Sohn einseitig abgebrochen und dessen Erbe später auf den Pflichtteil beschränkt hatte. Der BGH sah darin keine „vorsätzlich schwere Verfehlung“ des Vaters.
Denn Eltern schuldeten ihren Kindern nur bis zur Volljährigkeit „eine besonders intensive elterliche Fürsorge“. Danach dürften sie das „familiäre Band“ zu ihnen aber ohne Furcht vor Unterhaltsverlust „aufkündigen“, so dass die Unterhaltsverpflichtung des Sohnes bestätigt wurde.
Seite zwei: Durch Pflege zum Sozialfall – worauf kann der Staat zugreifen?