Für die Krankenkassen ist dies ein bequemer Ausweg, die Ausgaben für Krankengeld der Rentenversicherung aufzubürden. Für gesundheitlich beeinträchtigte Menschen ist dieser bürokratische Hindernislauf eine Zumutung.
Die Aufnahme der Lage der psychisch Kranken in den Koalitionsvertrag sollte als politisches Signal für eine Reform und einen Ausbau der psychotherapeutischen Versorgung und eine Verbesserung der Lage für von Erwerbsminderung betroffene Menschen sein.
Was zu tun ist:
1.) Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet schon heute die Arbeitgeber, Mitarbeiter vor psychischen Erkrankungen zu schützen. Deswegen sind regelmäßige Gefährdungsanalysen, die in der Realität allerdings nur selten stattfinden, wichtig.
2.) Die von der Regierungskoalition protegierte Förderung von Kurzzeittherapien psychisch Erkrankter erfasst nicht das Problem, da schon zwei Drittel aller Behandlungen 25 Stunden nicht überschreiten, entscheidend ist eine Verkürzung der Wartezeiten beim Psychotherapeuten, die oft mehr als drei Monate dauern. Ein richtiger Ansatz ist auch die Förderung der Gruppentherapie. Mehr Psychotherapeuten sind außerdem das Gebot der Stunde.
3.) Eine verbesserte betriebliche Prävention und Früherkennung von psychischen Erkrankungen ist unverzichtbar. Auch der von der Bundespsychotherapeutenkammer verlangte Ausbau der Wartezeiten in der ambulanten Psychotherapie, mehr Behandlungsplätze für psychisch Kranke und eine bessere Abstimmung zwischen Kuration und Rehabilitation wären bedeutende Fortschritte.
4.) Auch eine bessere medizinische und berufliche Rehabilitation nach dem Grundsatz „Reha vor Rente“ sollte ebenso forciert werden wie die Wiedereingliederung psychisch kranker Menschen.
5.) Die geplante Rentenreform enthält zwar schmale Aufbesserungen für erwerbsgeminderte Rentner, sollte aber deutlich nachgebessert werden. Statt der abschlagsfreien Rente mit 63 sollte die Erwerbsminderungsrente aufgebessert werden.
Die volle Erwerbsminderungsrente erhält zur Zeit, wer nach ärztlicher Prüfung täglich weniger als drei Stunden arbeiten kann. Die durchschnittliche Rente lag 2012 bei voller Erwerbsminderung in der alten Bundesrepublik bei 723 Euro, in den neuen Bundesländern bei 698 Euro im Monat.
Es sollte überlegt werden diesen unverschuldet in Not geratenen Personen in der Frage der Abschläge entgegenzukommen oder ihnen zumindest die geplante Mindestrente zuzubilligen.
Autor Prof. Dieter Weirich ist neben Klaus Morgenstern Sprecher des Deutschen Instituts für Altersvorsorge in Berlin.
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