Den Ombudsmann für Versicherungen, Professor Dr. Günter Hirsch, erreichten im vergangenen Jahr so viele Beschwerden wie noch nie. Trotzdem besteht für die Versicherer nicht mehr Anlass zur Sorge, denn verantwortlich für den neuen Höchststand ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Bankenrecht, ergab der Jahresbericht der Schlichtungsstelle.
Laut dem Jahresbericht, der heute in Berlin vorgestellt wurde, lagen die Beschwerdeeingänge bis Ende November 2014 etwa auf dem (sehr hohen) Niveau des Vorjahres. Im Dezember erreichten den Ombudsmann jedoch 2.976 Beschwerden, wodurch im Gesamtjahr 2014 „der bislang höchste Eingang seit Bestehen der Schlichtungsstelle zu verzeichnen war“.
Viele Beschwerden gegen Banken treiben Eingaben auf den Höchststand
Unter den insgesamt 19.897 Beschwerden befanden sich nach Angaben von Dr. Horst Hiort, Geschäftsführer der Schlichtungsstelle, jedoch viele Beschwerden gegen Banken. Rechne man die unzulässigen Eingaben heraus, entspreche das Beschwerdeaufkommen (12.815) in etwa der Größenordnung des Vorjahres (12.614, siehe Grafik).
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Starke Beschwerdezunahme in der Wohngebäude- und Kfz-Kaskoversicherung
Wie der Bericht weiter ergab, unterschied sich die Entwicklung des Beschwerdeaufkommens von Sparte zu Sparte teils deutlich. Während in der Gebäude- (plus 32,3 Prozent) und in der Kfz-Kaskoversicherung (plus 14,9 Prozent) die zulässigen Beschwerden stark zunahmen, habe man in der Kfz-Haftpflicht- (minus 12,4 Prozent), der Lebens- (minus 13,5 Prozent) und der Berufsunfähigkeitsversicherung (minus 14,0 Prozent) einen Rückgang verzeichnet.
364 Eingaben betrafen die seit 2013 hinzugekommene Zuständigkeit für Realkreditverträge, darunter 169 zulässige. Die durchschnittliche Verfahrensdauer sei „weiterhin erfreulich kurz“. Sie liegt zum zweiten Mal in Folge unter drei Monaten.
Hirsch: Lebensversicherung zunehmend von europäischer und deutscher Rechtsprechung erfasst
Im Bericht erläutert Ombudsmann Hirsch anhand mehrerer Urteile, wie die Lebensversicherung „zunehmend von der europäischen und deutschen Rechtsprechung erfasst wird“. Beispielsweise habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Dezember 2013 entschieden, dass das sogenannte Policenmodell gegen europäisches Recht verstößt.
Bei diesem Modell kamen die Verträge bereits zustande, wenn mit Übermittlung der Police die Vertragsbedingungen und Verbraucherinformationen übersandt wurden. Ab Mai 2014 hatte sich der BGH in einer Serie von Entscheidungen mit der Thematik befasst. Schließlich wurde noch das Bundesverfassungsgericht angerufen, das eine wesentliche rechtliche Bewertung des BGH am 2. Februar 2015 für „objektiv unvertretbar“ erklärte, so Hirsch.
Zunahme des Richterrechts gestaltet Arbeit der Schlichter aufwändiger
Diese Zunahme des Richterrechts, so Hirsch weiter, führe zwar dazu, dass die juristische Prüfung der Verbraucheranliegen inzwischen erheblich aufwändiger ausfalle. Zugleich habe sich aber auch die Rechtsposition der Versicherungsnehmer erheblich verbessert. Noch immer gebe es jedoch einige ungeklärte Rechtsfragen, was er als Ombudsmann zum Anlass nehme, bei den Unternehmen darauf hinzuwirken, Streitigkeiten einvernehmlich beizulegen. (lk)
Foto: Versicherungsombudsmann