Auf der digitalen Welle zu reiten, ohne von ihr überrollt zu werden – so könnte man das Motto des Versicherungstags 2015 umschreiben. „Wir müssen noch viel radikaler als früher vom Kunden her denken“, sagte GDV-Präsident Dr. Alexander Erdland in Berlin. EU-Kommissar Günther Oettinger warnte die deutsche Versicherungsbranche davor, den Anschluss an die digitale Entwicklung zu verpassen.
Bei dieser Jahrestagung wollten die Planer vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) alles irgendwie anders machen: Das in die Jahre gekommene Format sollte frischer und moderner daherkommen – ganz im Sinne der diesjährigen Agenda „Chancen der digitalen Welt“.
Und so trat Gastgeber Alexander Erdland nicht wie sonst hinter das Pult, um seine Rede vorzulesen, sondern sprach frei mit Headset-Mikro – das Ziel der Macher war es wohl, ein bisschen Silicon-Valley-Atmosphäre im novembergrauen Berlin zu verbreiten.
„Das Neue mit unseren Stärken verbinden“
„Entschuldigen Sie bitte, dass ich hier analog auftrete“, begrüßte Erdland seine Branchenkollegen aus der Versicherungswirtschaft. Zuvor bekam das Publikum ein buntes Filmchen zu sehen, das es auf eine sich radikal verändernde Welt einstimmen sollte – und die Manager vor historischen Irrtümern warnen sollte, die aus heutiger Sicht befremdlich wirken. So mutmaßte einst die Firma Xerox, dass der Weltbedarf nach Fotokopierern bei 50 Stück liege.
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Erdland rief seine Zuhörer dazu auf, „das Neue mit unseren Stärken zu verbinden“. Die persönliche Beratung werde „gerade in Zeiten der Digitalisierung weiter einen hohen Stellenwert haben – vielleicht sogar einen höheren als heute“, betonte der GDV-Präsident. So könne persönliches Verantwortungsbewusstein und Empathie nicht durch einen Computer ersetzt werden.
Bedrohung der großen Internet-Konzerne
Im Anschluss warnte EU-Kommissar Günther Oettinger seine Zuhörer davor, in der rasanten digitalen Entwicklung den Anschluss an große Internet-Konzerne zu verpassen. Die Verantwortlichen dürften sich nicht nur mit den Folgen der Niedrigzinsphase befassen, sagte der CDU-Politiker. „In den nächsten fünf Jahren wird mehr passieren als in den vergangenen fünf Jahrzehnten“, prophezeite er. Wer sich nicht darauf vorbereite, sehe schweren Zeiten entgegen.
„Die Medienbranche wurde schon überrollt“, sagte Oettinger. Und auch die deutsche Automobil-Industrie sei bedroht, weil vor allem jüngere Kunden eher auf Marken wie Apple vertrauen würden. Er gehe davon aus, dass Apple innerhalb von fünf Jahren auch Autos anbieten werde. Weltweit sei Apple schon heute viel bekannter und wertvoller als die deutschen Automobil-Hersteller Daimler und BMW.
Seite zwei: Frage nach der Datenhoheit