Professor Michael Hauer, Gesellschafter und Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP), spricht über das fehlende Problembewusstein in der Bevölkerung im Umgang mit der Pflegevorsorge, den Trend zu Kombi-Produkten und die wichtigsten Elemente einer Pflegeabsicherung.
Im Markt für Vorsorgeprodukte zur Absicherung der Pflegebedürftigkeit tummeln sich neben der geförderten Pflegezusatzversicherung Pflege-Bahr, die Pflegetagegeld-, Pflegerenten-, sowie Pflegekostenversicherung. Wie nehmen Sie die aktuellen Entwicklungen hinsichtlich Qualität und Verkaufszahlen in der Produktlandschaft wahr?
Hauer: Die Produktqualität hat sich merklich gesteigert, so wird es zum Beispiel immer mehr zum Standard, dass man eine individuelle Absicherungsquote in den Pflegestufen wählen kann: die klassische Aufteilung wie etwa 30 Prozent bei Pflegestufe I, 70 Prozent bei Pflegestufe II und 100 Prozent bei Pflegestufe III schränkt die individuellen Wünsche der Kunden zu sehr ein.
Außerdem wird das Thema Demenz zunehmend mitberücksichtigt und geht in den Versicherungsschutz entsprechend mit ein. Und gemessen an den Beiträgen, die sich viele Bundesbürger leisten könnten, bieten die Pflegeversicherungen eine sehr gute Absicherung der Kosten im Fall der Pflegebedürftigkeit und schützt somit die Menschen vor Vermögensverlust. Die Verkaufszahlen sind gemessen an der gesellschaftlichen Bedeutung der Pflegeabsicherung natürlich ernüchternd. Es scheint als sei die Problematik dieses Themas noch nicht bei den Menschen angekommen.
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Das IVFP erklärte im Januar, dass sich in jüngster Zeit zunehmend sogenannte Pflegeoptionen innerhalb von Altersvorsorgeprodukten etablieren. Wie beurteilen Sie diesen Trend?
Unter dem Begriff Pflegeoption werden unterschiedliche Konzepte subsummiert. Es kann bedeuten, dass der Kunde mit dem Abschluss einer Rentenversicherung die Option erhält, zu Ruhestandsbeginn ohne Gesundheitsprüfung eine Pflegeversicherung abzuschließen.
Es kann aber auch bedeuten, dass die Altersrente im Pflegefall entsprechend erhöht wird, zum Beispiel verdoppelt. Und auch hier gibt es beachtliche Unterschiede bei den Produkten: Bei den einen wird die Pflegerente geringer, je später die Pflegebedürftigkeit eintritt – was nicht optimal ist, da der Pflegefall mit steigendem Alter immer wahrscheinlicher wird – und bei den anderen steigt die Pflegerente bei Eintritt mit zunehmendem Alter.
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