Jan Roß, Leiter Maklervertrieb der Inter Versicherungsgruppe: Gerade in der derzeitigen Situation sollte man dem Kunden sehr transparent und offen erklären, warum es zu Beitragsanpassungen kommt. Denn auf der einen Seite bescheinigen wir dem Kunden, dass wir solide dastehen und die Kassen „prall gefüllt“ sind, aber gleichzeitig passen wir die Beiträge an. Da bedarf es schon eines gewissen Fingerspitzengefühls in der Kommunikation – schließlich arbeiten wir mit Kundengeldern und die Versicherten erwarten zu Recht von uns, dass wir mit diesen Geldern nachhaltig wirtschaften.
Marcel Boßhammer, Leiter Verkaufsförderung Kranken, Gothaer Krankenversicherung AG: Mit Einführung der Unisex-Tarife hat die Gothaer den Rechnungszins auf ein sehr vernünftiges Maß abgesenkt. Der in den Bisex-Tarifen vorhandene Nachholbedarf – 0,1 Prozent RZ-Absenkung entsprechen in etwa einem Prozent BAP – kann nur im Rahmen einer BAP weitergegeben werden, was wir beispielsweise schon letztes Jahr getan haben. Richtig unangenehm wird es daher für Kunden und Vermittler nur, wenn notwendige Beitragsanpassungen „verschleppt“ werden und medizinische Inflation, Rechnungszinsabsenkung und womöglich sogar neue Sterbetafeln auf einen Zeitpunkt gemeinsam wirken. Wir müssen daher davon weg, Beitragsgarantieurkunden immer wie „ein Volksfest“ zu feiern. Solider und seriöser ist eine regelmäßige Weitergabe von moderaten Beitragsanpassungen, denn diese sind völlig normal und lassen sich auch einem Kunden gegenüber erläutern.
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Die Vollversicherung bleibt das Sorgenkind der Branche: Das Neugeschäft entwickelte sich in 2014 abermals rückläufig. Erwarten Sie eine baldige Besserung der Geschäftslage und welche Maßnahmen könnten zu einer Stärkung des Wachstums beitragen?
Thomsen: Ehrlicherweise muss man feststellen, dass die Boomzeit der 1990er und Nuller-Jahre in dieser Form nicht mehr zurückkehren wird. Allerdings sehen wir die Vollversicherung – teilweise anders als andere – nicht auf dem Abstellgleis, sondern bekennen uns weiterhin zu diesem Produkt. Klar ist: Der Wechsel in die PKV ist eine Lebensentscheidung, die gut durchdacht werden sollte. Aus unserer Sicht sollte die Branche der Zeit der Billigtarife nicht nachtrauern, da diese volatiles Geschäft auf niedrigem Niveau mit sich brachten. Das war nicht das, wofür PKV steht. Die Barmenia hat 2014 unter dem Strich in der Vollversicherung weniger Nettobestandsverlust nach Personen zu verzeichnen gehabt als der Markt – insofern konnten wir unseren Marktanteil erhöhen. Insbesondere in der Klientel der Angestellten sind wir sehr erfolgreich unterwegs. Mit Eintritt in die Unisex-Welt hat die Barmenia ihr Tarifangebot insbesondere in der Vollversicherung ganz bewusst noch mehr auf Qualität ausgerichtet. Unsere Toptarife einsA expert/expert+ bieten im Markt mit eines der umfangreichsten Leistungsspektren. Aber auch in der Einsteigerklasse verfügt die aktuelle Vollversicherungslinie einsA über hervorragende Leistungsmerkmale, zum Beispiel im Zahn- sowie Heil- und Hilfsmittelbereich.
Roß: Noch vor gar nicht allzu langer Zeit war der Eintritt in die PKV für viele Menschen leider keine Lebensentscheidung, sondern eine Preisentscheidung. Natürlich ist es im PKV-Vollgeschäft nicht unbedingt einfacher geworden, aber aus unserer Sicht hat die PKV absolut eine Zukunft. Und wenn man bedenkt, dass unsere Branche in zehn Jahren 1,2 Millionen Kunden hinzugewonnen hat, kann man nicht davon reden, dass wir in einer schlechten Situation seien oder keine neuen Kunden mehr bekämen – ganz im Gegenteil! Als Inter haben wir im letzten Jahr unterm Strich 6.000 neue Kunden hinzugewonnen. In diesem Jahr werden wir diese Zahl sogar noch übertreffen. Aus meiner Sicht ist diese positive Entwicklung auch darauf zurückzuführen, dass sich die Kunden heute bewusster für den Versicherungsschutz entscheiden: Sie suchen nach individuellen Lösungen mit einem Leistungsniveau oberhalb der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Da braucht es natürlich auch ein Mehr an Beratung, an Unterstützung, an Leistung und an Flexibilität, die so ein PKV-Tarif bieten muss. Unser Vorteil ist sicherlich, dass wir uns auf die beiden Zielgruppen Heilwesen und Handwerk konzentrieren. Hier können wir mit sehr individuellen Lösungen für die Kunden da sein.
Seite drei: „Die Branche hat einen Qualifizierungsauftrag!“