Riester und Diesel – zwei Namen, ein Schicksal?

Der jüngst aufgedeckte Volkswagen-Skandal erschüttert den Ruf einer genialen Konstruktion – des Dieselmotors. Dass die Reputation eines einst gelobten Produktes schnell ruiniert werden kann, erlebte die Assekuranz im Zuge der schädlichen Debatte um die Riester-Rente. Höchste Zeit für eine Ehrenrettung.

Gastbeitrag von Frank Nobis, Institut für Vorsorge und Finanzplanung

„Die Riester-Rente ist hinsichtlich der Rendite für den Sparer nahezu unschlagbar.“

Wer Diesel fährt, ist ein Stinker, ein unverbesserlicher Umweltverschmutzer – natürlich nicht, denn wer genauer hinsieht, erkennt sehr schnell die wirklichen Vorteile des von Rudolf Diesel im Jahre 1892 hervorragend konstruierten Dieselmotors, ein technisches Wunderwerk, das stetig weiterentwickelt wurde. Doch wer will sich heute schon gerne dem Vorwurf aussetzen, ein Auto zu fahren, das nur auf dem Papier sämtliche (Umwelt-)Standards erfüllt?

Dynamik bei der Riester-Rente

Eine erstaunlich ähnliche Konstellation sehen wir in der Finanzbranche bei der Riester-Rente. Das mit dem Altersvermögensgesetz im Jahre 2002 eingeführte Produkt wurde zwar mit Kinderkrankheiten eingeführt; nach deren Ausbesserung im Jahre 2004 aber erlebte das als private Ergänzung zur gesetzlichen Rente gedachte Produkt eine niemals zuvor gesehene Dynamik. Knapp 16,5 Millionen Verträge stehen im 3. Quartal 2015 zu Buche.

Allerdings geriet dieser Motor seit Ende 2011 ganz gewaltig ins Stocken. Warum? Just zu diesem Zeitpunkt wurde im Wochenbericht des DIW – Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung – eine Studie zum zehnjährigen Jubiläum der Riester-Rente veröffentlicht. Die Studie ist grundsätzlich nicht zu verurteilen, beauerlicherweise wurden nur die schlechtesten Szenarien medial verarbeitet. Die Rendite einer Riester-Rente ohne Berücksichtigung der staatlichen Förderung zu berechnen, ist schon sehr eindimensional.

Absturz der geförderten Altersvorsorge

Zitate wie „Die Riester-Rente ist so schlecht wie ein Sparstrumpf“ verfehlten ihre Wirkung nicht. Es ist ja nur zu verständlich, dass nahezu jede Publikation diese Anklagen mit Genuss aufgriff und die Leser damit nachhaltig verunsicherte. Das Bedrohliche an dieser Kampagne ist allerdings, dass nicht nur die Riester-Rente leidet, sondern alle Formen der Altersvorsorge unter Generalverdacht gerieten. Die zur Vermeidung der Altersarmut so notwendige Vorsorge erleidet seit Jahren eine tiefe Vertrauenskrise. Die anhaltende Niedrigzinsphase und weitere Negativschlagzeilen schlugen weiterhin in die Kerbe und führen immer weiter zum Niedergang der geförderten Altersvorsorge.

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Sicherlich ist auch bei der Riester-Rente nicht alles Gold, was glänzt. Die Produktvielfalt ist immens und immer wieder fällt in den Ratings auf, dass Anbieter Kosten zu hoch ansetzen, etwa bei vorzeitiger Kündigung, teils intransparent sind – auch aufgrund unverständlicher Texte in den Bedingungen –, teils aber auch nur schwache Renditen aufgrund einer mangelhaften Kapitalanlagekompetenz ausweisen. Ähnlich wie beim VW-Skandal müssen diese Schwachpunkte aufgedeckt und angeprangert werden. Die komplette Branche und damit die Konstruktion zu verurteilen, ist hingegen nicht zielführend.

Seite zwei: Riester-Rente: Ein lukratives Produkt

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